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Guten Abend, guten Morgen liebe Forengesellschaft.
Letzte Woche fing das Piepen an. Nur abends und auch nur für ein oder zwei Stunden. Danach war wieder Ruhe im Stall. Ich hab mir dabei nichts gedacht. Seit Sonntag ist es schlimmer geworden. Sonntag und Montag habe ich kaum geschlafen. Dauernd dieses Piepen. Pieeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeep. Zum Glück nur im linken Ohr. Wenns beidseitig wäre ... Ich glaub das ist viel schlimmer?
Ich war am Montag beim HNO Arzt und hab mich natürlich untersuchen lassen. Ich habe derzeitig auch eine Infektion im Nasenbereich und letztes Jahr hat mich eine etwas härtere Grippe erwischt. Der Arzt hat sich das Ohr angeschaut und gemeint es würde alles passen. Nur die Nase etc. seien noch das Problem. Ich war dieses Jahr schon drei Mal bei ihm. Das Piepen würde nach der Infektion schon weggehen. Ich hab zwar ein Medikamen erhalten, aber das ist ein reiner Schleimlöser.
Die Nacht von Montag auf Dienstag war schrecklich. Ich lag im Bett, hab Musik angemacht, hab versucht mich abzulenken usw. Hat alles nichts gebracht. Es war/ist eine komplett neue Situation für mich.
Am Dienstag habe ich einen anderen HNO Arzt angerufen und für heute (Mittwoch) den Termin erhalten.
Die Nacht von Dienstag auf Mittwoch ging ich anders an. Ich bin von der Arbeit heimgekommen, hab etwas gegessen und bin mit meinem Kindle rausgegangen, ein bisschen spazieren. Hab letztendlich eine schöne Bank gefunden und konnte in Ruhe lesen. Es war echt schön. Draußen, in der Arbeit, auf dem Heimweg ... Eigentlich überall, außer zuhause, habe ich kaum Probleme mit meinem Tinni. Hin und wieder "kitzelt" er mich zwar, aber draußen kann ich es gut ignorieren. Nur wenn ich in meinem Zimmer bin, will er auf einmal ins Rampenlicht. Er braucht anscheinend echt viel Aufmerksamkeit, der Gute.
Zuhause habe ich es mir im Bett sehr gemütlich gemacht. Einen Tee, einen guten Film aufm Tablet und naja. Ich bin einfach eingeschlafen Es war echt schön und heute Nacht wird es auch wieder gut laufen. Ich hab mir auch extra heute Ohropaxgekauft, damit mich der Fernseher meiner Nachbarn nicht ablenkt. Ich bin da echt empfindlich. War ich schon immer. Ich hasse es abends Nebengeräusche zu hören. Das lenkt mich beim Lesen, Filme anschauen, Zocken oder auch beim Sex ab - Letzteres war einmal echt grausam. Aber ehrlich mal: Wenn im Hintergrund irgendso eine blöde Sendung läuft und der Fernseher wie ein defekter PC Lüfter klingt ... Naja. Vielleicht hätte ich mir die Ohropax schon vor 2, 3 Jahren kaufen sollen? Eventuell waren die Nebengeräusche bzw. meine Reaktion (Gestresst und genervt) darauf der Auslöser für Tinni.
Die Ärztin am Mittwoch war super und hat sich intensiver mit meinem Tinni beschäftigt. Ich bekam ein Medikament um die Durchblutung der Ohren zu fördern. Hab jetzt grad nicht den Namen im Kopf. Ret.. Irgendwas mit Ret. Hab vor paar Stunden die erste Tablette genommen und zum Glück keine Nebenwirkungen gespürt. Jetzt heißt es abwarten und nächste Woche noch einmal zum HNO Arzt.
Ich weiß. Viele von euch leiden seit Jahren darunter und ich komm da mit einer Woche an. Aber ich möchte erst gar nicht in irgendein Loch fallen, von HNO Arzt zu HNO Arzt wandern, sondern den Tinni wegsperren. Heilen wird wohl nicht möglich sein. Er kann immer wieder auftauchen.
Ich frage mich die ganze Zeit wie mein Tinni entstand. War es der Stress? Ich glaube schon. Körperlich bin ich fit. Ich gehe nicht in Discos bzw. höre nicht den ganzen Tag laute Musik und meine Ernährung ist ausgewogen. Also kann es nicht am Körper liegen. Also doch eher "seelisch". Ich hab die letzten Tage viel gelesen und auch viel nachgedacht. Ich kam nie über die Trennung meiner ersten Freundin weg (Vor 2 Jahren) und war kurz danach spielsüchtig. Das ging ca 6 Monate. Arbeit - Heim - Computer - Arbeit - Heim - Computer [...] Hab dadurch eine andere Freundin gefunden, aber es hielt nicht lang. Danach habe ich mich wieder meinem alten Hobby zugewandt. Blöderweise habe ich da auch wieder eine Frau kennengelernt. Sie war zwar lesbisch, aber war damals meine einzige und naja, beste Freundin oder Kumpel. Eigentlich war sie beides. Mit ihr konnte man einen Furzwettbewerb starten (hart gesagt!) oder auch mal über die wichtigen Dinge im Leben sprechen, die nicht unbedingt in typische Männerrunden als Gesprächsstoff dienen. Hat leider auch nicht lange gehalten. Ich war sehr aktiv und voller Kraft. Wollte immer irgendwas erleben usw. Sie war meistens eher der ruhigere Typ. Naja, so trennten sich wieder die Wege und der Winter kam. Da habe ich mir die Grippe eingefangen und hab mich zum ersten Mal richtig allein gefühlt Früher war meine Freundin immer da, hat mich abgelenkt, mich getröstet, whatever. Diesmal war da niemand. Ich hab aus lauter Verzweiflung meiner Freundin eine Nachricht geschrieben und meinen ganzen Kummer von der Seele geschrieben.
Das war ... Echt scheiße. Sie hat nicht einmal zurückgeschrieben. Da war man mit ihr drei Jahre zusammen. Ich hab ihr echt oft geholfen, ich hab ihr oft zugehört (Sie mir natürlich auch.) und es hat dann einfach irgendwann nicht mehr gepasst. Aber das sie mir nicht geantwortet hat ... War ein Schlag ins Gesicht.
Weihnachten kam, Silvester kam und endlich gab es in meiner Arbeit wieder freie Tage. Ich arbeite im Einzelhandel und wir haben zwischen November und Januar Urlaubssperre und keine freien Tage. Die letzte Woche im Dezember war echt grauenhaft. Ich hab mich "halbtot" zur Arbeit geschleppt und bin nicht zum Arzt gegangen.
Ende Januar bekam ich meinen Termin und wurde auch eine Woche krankgeschrieben. Februrar hatte ich den zweiten Termin und da ging es langsam wieder bergauf. In der Zwischenzeit haben aber viele Kollegen gekündigt oder wurden gekündigt. Ich selber bin mir derzeitig auch unschlüssig wie es weitergehen soll bzw. ich hab eigentlich einen Plan, aber es ist halt alles sehr gewagt.
Ich bin 22 Jahre jung und ich willl nächstes Jahr mein Abi nachholen und dann studieren. Ich wollte schon immer im sozialen Bereich arbeiten, aber der ein oder anderek ennt es vielleicht. Die Eltern sind Verkäufer und der Sohn muss da natürlich mitziehen. Aber aus Fehlern lernt man.
Aber ich glaub der ganze Druck der letzten 2 Jahre hat mich jetzt einfach aufgefressen. In der Familie gab es auch paar Probleme. Meine Mutter wurde vor knapp drei Jahren arbeitslos und hatte schon immer Alkoholprobleme. Sie war letztes Jahr auch in einer Entzugsklinik und hat schließlich wieder eine neue Arbeit gefunden, trinkt aber weiterhin. Mein Vater war/ist nie zuhause und eigentlich ist die Familie eher eine Zweckgesellschaft.
Ich bin nicht der Typ, der sich anderen einfach so öffnet. Schriftlich fällt es mir sehr leicht, aber wenn ich darüber sprechen will,kriege ich nichts raus. Ich hab auch keinen richtigen Ansprechpartner und den einen den ich hatte, den habe ich vergrault.
Denkt ihr der Tinni kommt vom Stress? Wenn ich auf die letzten Jahre schau, wird es wohl daran liegen. Ist halt die Frage wie ich diesen ganzen Ballast los werde. Ich will keine Sprechstunden. Eigentlich will ich einfach mal ein paar Wochen meine Ruhe. Allein sein. Kein nerviges Telefon in der Arbeit, keine SMS vom Arbeitskollegen an meinen freien Tagen. Keine Eltern, die erst zwischen 22 - 23 Uhr heimkommen und dann noch den Fernseher aufdrehen. Keine tausend Verpflichtungen. Keine Telefonate mehr mit inkulanten Herstellern führen. Keine Katze, die sich für einen Hahn hält. Keine Arbeit, in der all meine Kollegen nach und nach verschwinden. Keine Notebook/Computer/whatever Reparaturen mehr durchführen - immerhin bin ich nur Einzelhandelskaufmann und hab mir das Zeug selber beigebracht, wenn die Kunden das erfahren würden.
Einfach Stille. Blöderweise habe ich jetzt Tinni an der Backe hängen. Also kann ich Stille erst einmal vergessen.
Hat jemand von euch einen ähnlichen Leidensweg? Wie ist er da rausgekommen? Ich dachte immer die Zeit heilt alle Wunden. Aber mit der Zeit kommen immer mehr Wunden und umso älter man wird, umso häufiger kann man sich verletzten. Zumindest kommt es mir so vor. Als Jungspund habe ich so etwas locker weggesteckt. Aber jetzt mit knapp 23 Jahren (Ja, ist nicht alt, aber ich fühl mich wie anfang 30 oder 40) ist es irgendwie nicht mehr ganz so leicht.
Falls der Tinni nicht verschwinden sollte. Wie seid ihr damit umgegangen? Ich will jetzt nicht anfangen einen Monat zu weinen, ich will aber auch nicht jede Woche zum HNO Arzt gehen. Ich will eigentlich ein normales Leben weiterführen. Nicht unnötige Medikamente schlucken und vor allem will ich mich wieder auch ohne Musik konzentrieren können. Derzeitig höre ich beim Lesen oder Schreiben Musik bzw. Naturklänge, weißes Rauschen etc. Aber ehrlich gesagt nerven mich die Klänge auf Dauer. Zum EInschlafen ist es sicherlich praktisch, aber zum Arbeiten ... Wenn ich die Kopfhörer abnehme kommt Tinni wieder. Ich versuch ihn zwar zu ignorieren, aber ich lass mich zu leicht ablenken. Vor allem wenn ich mal grüble.
Sorry für den langen Text. Aber manchmal muss es raus.
Wünsch euch noch einen schönen Abend oder Tag.
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Hallo Footy,
Willkommen im Forum.
Ich will (und kann) nicht zu allen Punkten in Deiner Schilderung Stellung nehmen, aber ich kann sagen, dass Dein 'Persönlichketsprofil' doch recht typisch für eine Tinnitusleidenden ist. Und wie ich Deinen weiteren Ausführungen in Schneeflocke's Thread entnehmen kann, scheinst Du ja auch schon zu wissen, worauf es hier ankommt, wenn man die Sache unter Kontrolle bringen will. Du wirst den Tinnitus sicher noch eine Zeit als lästigen Begleiter akzeptieren müssen, aber bei richtiger Einstellung wird er sich mehr und mehr abschwächen und letztlich kein Problem mehr darstellen.
Thomas
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