#1 22-06-2015 20:11:57

Wolfgang135
Mitglied
Registriert: 25-11-2014
Beiträge: 87

Atemtechnik zur kurzfristigen Bewältigung von Tinnitus-Krisen

Hallo alle,

ich hatte hier schon einmal auf eine besondere Atemtechnik hingewiesen.

Diesmal möchte ich es mit einer Art von "Anleitung" konkreter machen, weil ich denke, dass diese Technik einem wirklich helfen kann, wenn es einem mies geht.

Vielleicht ist sie gerade auch geeignet für Neubetroffene, um Streß abzubauen.

Die Methode läßt den Tinnitus nicht verschwinden, aber man stärkt sich mental (ist bei mir zumindest so). Er kann einem dann nicht so viel anhaben. Bei Neubetroffenen könnte(!) ich mir vorstellen, dass es auch etwas in Richtung Heilung bringt. Ich sage das mit aller Vorsicht. Es ist nur eine Vermutung, weil man durch diese Technik "mit Energie überflutet" wird.

Vorweg:
"Normale" Schulmediziner würden diese Technik ablehnen. Trotzdem wird sie alternativtherapeutisch oft angewandt. Nicht nur in "völlig alternativ-therapeutischen" Institutionen, ich weiß z.B. dass auch in "normalen" Kurzentren so etwas gemacht wird (ein Bekannter hat mal eine Kur gegen Depressionen gemacht, wo es auch zur Anwendung kam).

Ich würde die nachfolgende Beschreibung als "Vorübung" bezeichnen. Eine richtige Session sollte man (insbesondere als Anfänger) unter Begleitung eines ausgebildeten Therapeuten machen.

Die Durchführung der Anwendung erfolgt auf eigene Verantwortung. Man sollte abbrechen, wenn irgendwelche Effekte als zu stark empfunden werden (dazu in der Beschreibung selbst mehr). Auch wenn es Auswirkungen auf das Tinnitus-Geräusch gibt, sollte man abwägen, was man jetzt besser tut oder läßt.

~~~~~~~~~~

Vorübung zum "verbundenen Atem"

Psyche
Für diese Sache bedarf es Mut, man muß sich darauf einlassen. Denn man kennt so etwas aus dem normalen Leben nicht und fürchtet sich vielleicht vor den Effekten, die dabei auftreten. Zu den positiven Effekten der Übung kommt man aber nur, wenn man den "inneren Schweinehund" überwindet und trotzdem weitermacht. Die auftretenden Effekte sind "üblich" und nicht nur bei einem selbst so.

Umfeld / Liegefläche / Kleidung / Musik
Es sollte ein abgedunkelter Raum sein, allenfalls etwas schummriges Licht. Man braucht eine Liegefläche. Dies kann das Bett sein (ohne Decke), aber auch eine Yoga-Matte auf dem Boden oder dergleichen.

Man sollte lockere Kleidung tragen, nicht zu warm, denn man gerät ins Schwitzen. Nach der Übung kann man sich (so man will) mit einer Wolldecke zudecken. Diese sollte also in der Nähe liegen.

So wie ich die Methode ursprünglich kennengelernt habe, wird Musik dazu gespielt, die anfänglich aufpushen soll, später beruhigen. Leider wird die Musik sehr laut gespielt. Für die eigene Vorübung kann man natürlich frei wählen, ob man sich beispielsweise selbst eine CD zusammenstellt, diese bei gemäßigter Lautstärke hört oder ob man die Sache ganz ohne Musik macht.

Körperliche Vorbereitung / Verfassung
Man sollte weder gerade "vollgefressen" sein, noch hungrig. Auch sollte der Kreislauf vorher schon "in Gang" gekommen sein. Also direkt nach dem Wachwerden morgens, wenn der Kreislauf noch nicht wirklich "hochgefahren" ist, sollte man es lassen. Ich persönlich finde die Abendstunden am Besten (es wird aber auch morgens um 9 praktiziert ... man ist also letztlich frei in der Wahl der Zeit).

Die Übung

Man legt sich flach auf den Rücken, mit einem Kissen unter dem Kopf. Ich selbst lege mich manchmal auch erst seitwärts hin, mit leich angewinkelten Beinen.

Bevor es "richtig losgeht", nimmt man drei tiefe, langsame Atemzüge und versucht erstmal, etwas Ruhe zu finden und sich auf die kommende Übung einzulassen.

Die eigentliche Übung besteht darin, schnell und tief ein- und auszuatmen. Durch den mittelweit geöffneten Mund.

Tiefe:
Mit tief ist "richtig tief" gemeint, man sollte also die Luft bis in den untersten Winkel der Lunge bringen und die "Abluft" auch wieder möglichst weitgehen ausatmen. Es sollte keine Pause zwischen Ein- und Ausatmen entstehen, sondern immer rein und raus.

Schnelligkeit:
Ich variiere die Atemgeschwindigkeit. Im Durchschnitt würde ich sagen innerhalb einer Sekunde 1x ein- und 1x wieder ausatmen. Wenn man bedenkt, dass dabei das fast komplette Lungenvolumen an Luft ausgetauscht werden soll, ist das schon schnell. Und es ist (vor allem anfänglich) anstrengend. Es geht auch noch einen Ticken schneller.

Anfänglich kann es einem schwer fallen, das Durchzuhalten. Wenn es gar nicht anders geht, gönnt man sich Minipausen von vielleicht 10 Sekunden, dann sollte man aber weitermachen, sonst bringt es nichts.

Beim Atmen sollte man sich eigentlich möglichst wenig bewegen, nur der Brustkorb sollte logischerweise auf- und abgehen. Ich selbst mache -um in die Sache hineinzukommen- auf der Seite liegend Hin- und herbewegungen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Als würde man demonstrieren wollen: "seht her, wie doll ich atme".

Man sollte seine eigene individuelle Technik finden. Ob nun auf der Seite liegend oder auf dem Rücken. Ob nun relativ unbeweglich oder mit etwas "Schwung". Man kann auch zwischenzeitlich mal das Tempo und die "absolute Tiefe" variieren, es sollte aber immer eine höhere Geschwindigkeit beibehalten werden.

Dauer der ganzen Sache: Im Rahmen von Therapieanwendungen atmet man durchaus 1,5 Stunden und ruht sich anschließend 20-30 Minuten aus.

Bei dieser Vorübung sollte man auf keinen Fall so lange machen, vielleicht maximal 30 Minuten atmen und dann nach belieben ausruhen.

EFFEKTE:

Körperlich kann ein Kribbeln auftreten und auch etwas Schwindel. Absolut üblich sind auch leichte (schmerzfreie) Verkrampfungen (man muß sich das NICHT wie ein Wadenkrampf vorstellen). Eher so, als würden die Muskeln plötzlich aus einer zähen Masse bestehen. Ebenso das Gesicht.

Hört man kurzfristig mit dem "Power-Atmen" auf, kann sich das Kribbeln noch verstärken.

Oben beschriebene Verkrampfungen sollten sich nach einiger Zeit des Weiteratmens wieder lösen. Auf jeden Fall, wenn man mit dem schnelle Atmen aufhört und einfach liegen bleibt.

Es können sowohl Wärme- aber auch Kälteempfindungen auftreten.

Achtung: Atmet man immer weiter, kann das bis hin zu Trance-Zuständen führen. Dies ist eigentlich angenehm und in Therapiesitzungen sogar erwünscht. Für sich alleine (und vor allem als Anfänger) sollte man keinesfalls soweit gehen, sondern mit dem stärkeren Atmen aufhören, wenn man den Eindruck hat, "wegzudriften".

Psychisch können auch Effekte auftreten, dass man befreiend weint oder dergleichen. Dies sollte man zulassen, dabei aber nicht in einer solchen "Krise" verharren, sondern sich "durchatmen".


Nach dem starken Atmen sollte man eine Zeit lang ausruhen, und zwar für sich. Man sollte erstmal nicht sprechen / sich mit anderen austauschen, denn das macht den Erholungseffekt schnell zunichte. Auch sollte man versuchen, in der Phase des Ausruhens nicht zuviel zu denken, sondern seinen Kopf "leeren".

Wenn man aufsteht, sollte man zunächst vorsichtig sein und eine Möglichkeit haben, sich gleich wieder hinzulegen, falls man noch nicht wieder "ganz da" ist.

Allerdings sollte man eigentlich merken, dass der Körper sich vitaler / leichter anfühlt als normal.

Alleine oder sollte jemand dabei sein?
Ich hatte mal meine Lebensgefährtin neben mir, ich wollte ihr demonstrieren, wie das so geht.

Ihr hat das alles mehr Angst gemacht, als ginge es mir nicht gut (logisch, wenn man vor sich hin atmet, als leide man gerade unter Atemnot ...)

Wenn jemand dabei ist, dann sollte das kein Angsthase sein. Dieser jemand kann einen auch unterstützen, indem er beim Atmen "anfeuert". Wird bei "echten" Therapiesitzung auch so gemacht ("Tiefer! Schneller! Nicht aufgeben!").

~~~~~

Ich möchte denjenigen, die es mal probieren wollen, ans Herz legen, sich nach und nach "heranzutasten" und nicht gleich über eine längere Distanz zu gehen.

Soviel dazu. Wenn Ihr noch Fragen habt, ich haben diesen Thread "abonniert" und antworte gerne.

Beitrag geändert von Wolfgang135 (22-06-2015 20:18:57)


Tinnitus - Eine Krankheitsdeutung: http://tinnitus-psyche.jimdo.com/

Offline

 

#2 23-06-2015 17:00:38

Marie
Mitglied
Registriert: 04-09-2013
Beiträge: 151

Re: Atemtechnik zur kurzfristigen Bewältigung von Tinnitus-Krisen

Hallo Wolfgang,
Schön dass dir diese Übung geholfen hat. Ich persönlich würde aber von dieser Übung eher abraten, besonders wenn man keine Erfahrung mit so etwas hat. Für Leute mit Asthma oder Hyperventilation ist diese Übung absolut ungeeignet, sie kann einen Asthma Anfall oder akute Hyperventilation hervorrufen.
Durch das poweratmen sinkt die CO2 Konzentration im Blut. das sorgt für die von dir beschriebenen Muskelkrämpfe und ironischerweise dazu das der Körper weniger Sauerstoff aus den Lungen ins Blut transportieren
Atmenübungen bei Tinnitus halte ich für sehr sinnvoll, z.B. nach Buteyko. Das ist aber genau das Gegenteil von dem was du hier vorschlägst, nämlich weniger/ruhiger  atmen. Ich mache sie jeden Tag. Sie helfen mir runterzukommen und oft auch den Tinnitus etwas abzudrehen.

Offline

 

#3 24-06-2015 07:48:07

Sternenflotte
Mitglied
Ort: Hamburg
Registriert: 20-02-2011
Beiträge: 403

Re: Atemtechnik zur kurzfristigen Bewältigung von Tinnitus-Krisen

Hallo zusammen.
Ich war grade vor kurzem auf einem Gesundheitsseminar sponsored bei meiner Firma.
Da habe ich eine interessante Entspannungsübung kennen gelernt, um sich innerlich zu beruhigen.

1.sucht man sich eine sehr beruhigende Musik oder Naturklang CD aus die man während der Übung abspielt

2.hat man wie oben beschrieben eine Unterlage oder auf dem Bett ohne Zudecke, wo man sich entspannt auf den Rücken legt

3.Schliesst man die Augen, und atmet sehr sehr tief und langsam  ein,so das siech der Brustkorb merklich hebt um anschliessend langsam wieder ausatmet, und das ist wichtig so lange ausatmet wie es geht (Einatmen sollte von der Zeit her kürzer sein als das ausatmen)

Man versucht sich während der Übung so weit wie möglich von allen Gedanken zu lösen, und sich nur voll und ganz auf seinen Körper zu konzentrieren.

Diese Übung sollte man so um die 15 Min machen evtl. sollte man sich einen Wecker stellen falls man dabei einschläft smile

Viel Spass beim Chillen


--- Tinni seit Okt 2010 ---

Offline

 

Brett Fußzeile

Based on PunBB 1.2.19