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Hallo. Ich bin 34 Jahre alt, Mutter von zwei Grundschulkindern und neu hier im Forum. Ich leide seit Anfang Februar unter Tinnitus und bin verzweifelt.
Auf dem rechten Ohr hochfrequentes piepen und dem linken rechte Ohr Martinshornähnliche, laute Töne. Ich leide so sehr unter den Tönen, dass ein normales Leben für mich nicht mehr möglich ist, bin arbeitsunfähig und kann meine Kinder nicht mehr versorgen. Ich bin vor 3 1/2 nun wegen schweren Depressionen in eine psychosomatische Klinik gekommen, die aber keinen Schwerpunkt Tinnitus hat und es geht kein bisschen aufwärts. Ich kann die Töne einfach nicht maskieren. Keine dort stattfindende Entspannungstherapie oder ähnliches halte ich aus weil immer wieder die furchtbaren Töne mich in Angst versetzen. Bekomme seit 3 Wochen nun Mirtazepin. Ich habe so furchtbare Angst dass sich meine Situation nicht mehr ändert. Ich kann nicht mehr. Wirklich nicht. Gibt es von Euch jemanden der auch unter schweren Depressionen mit Tinnitus litt und es geschafft hat wenigstens so weit zu kommen dass das Leben ein bisschen lebenswert ist und man nicht nur dunkle Gedanken hat?
Ich wäre Euch um eine Antwort so dankbar.
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Hallo Miri
Ja, ich habe sowas geschafft! Ich habe eine (heute) 9-jährige Tochter und war ebenfalls wegen Tinnitus/Hyperakusis diverse Male zur Kur und auch in einer psychiatrischen Klinik. Ich habe ebenfalls Mirtazapin (Remeron) bekommen. Es hat mir sehr gut geholfen!! Ich meine, es löst Deine Hörprobleme nicht, aber es hat mich gut zur Ruhe kommen lassen. Bleib dran! Ebenfalls hab ich in jener Klinik gelernt, meine Ressourcen zu stärken. Kleine Kinder sind brutal anstrengend (finde ich) und bringen so eine grosse Unruhe ins Leben, dass es wirklich manchmal für einen sensiblen Menschen fast nicht zu ertragen ist. Ich hatte/ habe das auch!! Bei mir wurde ebenfalls eine Depression prognostiziert, das konnte ich aber überhaupt nicht akzeptieren. Ich habe Probleme mit Reizüberflutung - allem voran Töne/ Geräusche und natürlich meine eigenen. Das wollte niemand hören, weil man das nicht in den Griff bekommt und genauso hilflos dasteht wie ich.
Wie alt sind denn Deine Kinder und hattest Du diesen TT schon vor Februar? Fühlst Du Dich sonst auch nicht so wohl im Leben? Zu eng grundsätzlich (ist bei mir so)? Im Sommer hilft mir auch mal eine Std. auf die Terasse liegen. Hat soviele andere Geräusche, dass ich meine nicht höre. Grundsätzlich ist es schon so: Du wirst Dich dran gewöhnen! Glaub mir!
Un noch bez. Mirtazapin: Ich musste die nach über 6 Mt. absetzen, ich hätte die aber sehr gerne länger genommen!! Heute habe ich auf die Nacht 1/2 Trimipramin und 1/2 Zolpidem. Damit kann ich leben.
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Ich drück Dir die Daumen!! Ich fühle mit Dir - es kommt besser, ganz bestimmt!!
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Hallo soku,
danke für deine liebe Antwort. Meine Kinder sind 7 und 10 Jahre alt. Die Ohrgeräusche sind erstmals im Februar aufgetreten. Nachts bin ich mit einem mörseartigen Geräusch aufgewacht. Nach zwei Wochen war das Geräusch dann auf dem anderen Ohr. Dann wurde es beidseitig nach einem weiteren Monat. Seit dem ich in der Klinik bin ist dieses schlimme Sirenengeräusch da. (Kann es einen Zusammenhang mit den Medikamenten geben?)
Unter Hyperakusis leide ich nicht (ich hoffe es wird auch nicht kommen).
Zu dem Antidepressiva. Ich hoffe das es mir ein bisschen mehr Stabilität bringt damit ich lerne mit den Tönen klarzukommen. Ich komme aus dem Kreislauf Depressionen und Tinnitus nicht raus. Hat jemand diesen schlimmen Kreis durchbrochen und kann mir jemand Tipps geben wie ?
Liebe Grüsse und Euch allen einen schönen Sonntag.
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Hallo Miri,
es wird mit der Zeit sicherlich auch bei Dir eine positive Veränderung geben.
Leider ist unser Gehirn bzgl. Tinnitus so doof, dass es diese nervigen Geräusche bei vielen negativ bewertet und dadurch Angst- und Panikattacken entstehen.
Ich glaube auch, dass Du mit der Einnahme von Mirtazepin Dich auf dem richtigen Weg befindest. Gerade zu Beginn eines Tinnitus, wo alle anderen Mittel keine Erleichterung bringen, sollte man diesen Weg beschreiten.
Ich selber habe nun schon 8 Monate TT und kann heute sagen es ist besser geworden. Anfangs war es wirklich nicht schön immer wieder diesen Attacken ausgesetzt zu sein.
Mein Tinnitus reagiert sehr stark auf laute Geräusche und ich dachte anfangs, mein Hobby die Musik aufgeben zu müssen. Doch mit der Zeit findet man einen Weg um am Leben wieder teilnehmen zu können.
Was mir zu Beginn so glaube ich etwas Erleichterung gebracht hat:
1. Spazieren gehen in der Natur und sich vollkommen auf die Naturgeräusch konzentrieren
2. Heiße Vollbäder
3. angenehme Hintergrundgeräusche (z. B. Meeresrauschen), habe aber immer darauf geachtet, dass die
Hintergrundgeräusche leiser als der TT waren
4. die Stille meiden.
Mache nun seit ca 3 Monaten auch täglich autogenes Training. Zu Beginn wäre mir dies unmöglich gewesen.
Ich bin mir sicher, dass Du deinen TT mit der Zeit auch in den Griff bekommst und dein Unterbewusstsein
diese blöden Geräusche als normale Geräusche interpretiert.
Es grüßt Dich die Hoffnung
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Hallo. Danke Hoffnung fuer Deine Antwort und die Ratschlaege. Ich werde die 4 Tipps fuer mich versuchen. Mir fehlt nur so die Kraft. Ich denke fast den ganzen Tag nur an den Tinnitus. Ich probiere mich abzulenken aber hier in der Klinik ist alles so leise dass die Toene immer seht present sind. Wenn ihr Eure Toene hoert schafft man es sie irgendwann ohne diese negativen Emitionen zu hoeren oder sie einem"egal"sind? Wenn ich z.B. versuche Fernhen zu schauen und ich hoere die Sirene muss ch das sofort abrechen weil sich alles in mir "zusammenzieht" vor Angst. Soll ich lieber aushalten oder aus der Situaton rausgehen? Ich finde einfach keinen Ansatz fuer mich. Liebe Gruesse Miri
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versuche für dich Töne zu finden die dir angenehm sind und besorge dir diese dann al MP3, um diese dann z.b. nebenbei laufen zu lassen,um dich von deinen Kopfgeräuschen etwas abzulenken.
Ich habe es am Anfang z.b. unter der Sonnenbank im Sonnenstudio sehr genossen, wo dieser Lüfter immer so ein beruhigendes Rauschen erzeugte.
auf Dauer natürlich nicht machbar, so das ich nach Tönen gesucht habe die das selbe können,und das Rosa Rauschen dabei entdeckt habe, was ich wenn es mir schlecht geht per MP3 Player mir gebe (z.b. beim Schlafen)
Meeresrauschen hat auch eine sehr beruhigende Wirkung auf mein TT
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Hallo Miri,
ich kann Deine aktuelle Situation sehr gut nachvollziehen.
Habe T seit Oktober 2013. Sehr laut (hochfrequentes Signal im Kopf) und immer präsent. T war Folge eines Burnouts/Stress (Job, Familie, Ehrenamt). Denke auch ununterbrochen daran, da er auch immer hörbar ist.
Ängste, Depression, Erschöpfung usw. sind die Folge. Das ist völlig normal und ich bin immer noch mittendrin. Leider. Mirtazapin nehme ich ebenfalls. Zum einen als Schlafhilfe und zum anderen gegen die Depression. Ich war außerdem in Bad Arolsen für 7 Wochen.
Also erkenne für Dich erst einmal, dass Deine Reaktion völlig normal ist.
Medikamente sind wichtig, entweder gegen die Depression (Mirtazapin) oder gegen Ängste. Ich komme derzeit noch mit Mirtazapin aus. Allerdings ist die Angst manchmal so groß, dass ich aus meiner Haut springen könnte. Wenn es gar nicht mehr geht, ggfs. eine Beruhigungspille (Tavor oder Atosil-Tropfen). Aber nur ganz sparsam, da Tavor ein Benzodiazepin ist und abhängig macht (bei Einnahme über mehrere Wochen). Erstaunlicherweise sind die Amerikaner hier ganz anders eingestellt und nehmen Xanax (ebenfalls Benzo) bei Tinnitus über Monate und Jahre. Also entscheide für Dich, ob eher ein Antidepressiva oder ein Angstmedikament sinnvoll ist. Oft wird es auch kombiniert, also Mirtazapin abends zum Schlafen und morgens ein Angstpräparat. Wenn Du noch in der Klinik bist, solltest Du dies mit den Ärzten besprechen und Dich einstellen lassen. Jeden Tag mit der Angst rumzulaufen, ist sehr schwierig.
Da mein T hochfrequent ist, kann ich nur maskieren mit Wassersounds (Duschen) oder einer App namens Cricket Sounds (Google Store). Hier kann ich den Soundtrack (Cicadas High) auswählen und dieser lässt den Tinnitus in den Hintergrund treten. Natürlich ist das jetzt auf Dauer auch nicht schön, aber es gibt temporär ein wenig Linderung.
In den Kliniken werden häufig auch Tinnitus-Noiser (mit Rosa Rauschen) verschrieben. Vielen hilft es, mir nicht bei meinen Tönen. Aber evtl. hilft es Dir.
Ansonsten hilft nur, das Geräusch zu akzeptieren. Das Gehirn erzeugt diese Töne (überaktive Nervenzellen). Es kann besser werden und die Töne werden weniger oder können auch nach Jahren noch verschwinden. Über die Zeit soll eine Gewöhnung eintreten. Du musst Dir jedoch viel Zeit geben. Ich weiß, es ist hart und auch bei mir zumindest das schwierigste, was ich in meinem Leben durchgemacht habe.
Stille solltest Du vermeiden. Aber Waldspaziergänge sind gut. Bleib aktiv, auch wenn es schwer fällt.
Versuche, viel mit den anderen Leuten in der Klinik zu reden. Das hilft.
Lebe aktuell von Tag zu Tag und denke nicht zu sehr an die Zukunft (auch wenn es schwerfällt). Das bringt nur Panik. Jeder Tag, den Du gut überstehst, bringt Dich näher zur Gewöhnung an den T.
Und bleibe stark. Deine Kinder brauchen Dich. Ich habe ebenfalls zwei Jungs (7 und 11). Für sie und für meine Frau gehe ich da durch.
Alles Gute und LG,
Martin
PS: Wenn Du ein wenig Englisch kannst, lies bei http://www.tinnitustalk.com/. Dies ist das weltweit größte Tinnitus-Forum. Hier gibt es jede Menge Leute, die helfen und Tipps geben.
Beitrag geändert von Martin69 (02-06-2014 10:35:25)
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Hallo Miri, also was bei mir definitiv auch hilft, ist rauszugehen in die Natur. Vielleicht solltest Du Dir irgendwo ein Plätzchen suchen, wo Du Dich hinsetzen kannst und einfach nur sitzen kannst.
Mir hilft auch die Selbstbeobachtung. So kann ich sehen, dass ich nicht jeden Tag gleich reagiere auf die Töne. Es gibt auch unlastetere Tage; ich versuche, diese mehr zu beachten und hoffe, dass sie sich dadurch "vermehren". Ich versuche ebenfalls, mich mit meinen Tönen auseinanderzusetzen, ich kann sie auch nicht einfach verdrängen und nicht dran denken. Dadurch hoffe ich, der Hilflosigkeit etwas entgegenzusetzen. Ich probiere auch immer wieder mehr in meinem Körper anwesend zu sein; was gerade mit Tinnitus sehr schwierig ist, da ich mich dann irgendwie wie verdünnisieren will.
Auch versuche ich mich mit der nicht-mehr-vorhandenen-Stille zurechtzufinden. Für mich war früher Stille die absolute Inspiration. Nichts, das höher gestanden wäre. Es ist die Härte selbst
Also ich denke, wichtig ist, dass Du Deinen Weg darin finden musst. Jeder "löst" das irgendwie anders. Jeden Tag nehmen wie er gerade kommt.. wünsche viel Kraft!!
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Hallo Miri,
auch bei Dir wird der Tag kommen, an dem Du die Töne ohne negativen Beigeschmack wahrnimmst.
Vielleicht ist es aber auch so, dass der TT völlig verschwindet (diese Möglichkeit besteht immer noch).
Zum Thema Fernsehen, erging es mir anfangs genau so wie Dir. Konnte jedoch dieses Problem dadurch lösen, dass ich die Lautstärke auf minimale Höhe eingestellt habe - gerade so laut um noch etwas verstehen
zu können-.
Nach ca 6 Monaten ist bei mir dieses ständige auf und ab besser geworden. Ich habe jetzt Phasen von fast
einer Woche wo mich der TT nicht mehr stört, obgleich die TT Geräusche noch überwiegend präsent sind.
Manchmal schleichen sich noch Tage ein, an denen der TT nur nervt. Jedoch ohne diese Angst- und Unruhezustände.
Du wirst es mit der Zeit auch hinbekommen. Da bin ich mir ganz sicher.
Es grüßt die Hoffnung
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