#1 01-10-2012 22:02:49

Bernado
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Registriert: 18-11-2011
Beiträge: 12

Der Tinnitus ist weg!

Hallo Leute,

mein Tinnitus ist weg.

Im letzten Sommer nach einem Gehörsturz hatte ich einen Tinnitus mit bis zu 60 db. Dieser hielt 11 Monate an und dann wurde er immer schwächer. Heute ist er weg (ca. zwei Monate). Ich schlafe im Moment öfters mit Ohropax und höre nur noch das normale Rauschen des Blutes, das durch die Adern fliest. Es war bereits das dritte mal in 14 Jahren.

Was war der Auslöser?
Der Tinnitus was nur eines von vielen Symptome eines Burnout-Syndrom das auch noch nicht ganz weg ist. Der Tinnitus was somit ein psychosomatisches Symptom einer Depression.

Was war das besondere am Tinnitus?
Der Tinnitus unterlagt immer einer gewissen Dynamik. Das bedeutet das der Ton sich in der Intensität, Höhe und Lautstärke änderte.

Wie war der Leidensdruck?
Es war so schlimm das ich auch an Selbstmord gedacht habe, aber dieses nie ernsthaft in Erwägung gezogen habe.

Was habe ich medizinisch gemacht?
Am Anfang Infusionen auf eigene Kosten drei Wochen. Dann ein halbes Jahr nichts und dann eine längere Krankschreibung ca. 6 Monate. Dann eine Psychosomatische Reha mit Wiedereingliederung von zwei Monaten. 

Was hat sich im „Kopf“ geändert?
Mir ist klar geworden, das mein Leben nicht mehr so weitergeht wie bisher. Hier bin ich z.Z. noch in der Phase der Veränderung in vielen Kleinigkeiten und in meiner Persönlichkeit. Das geht nur mit professionelle Hilfe.

Was sind meine Ziele?
Gesund bleiben – das Ziel geht über alles. Das bedeutet das alles auf dem Prüftand steht. Der Job, die Ehe, Freunde und vor allem die innere Einstellung. Mehr Leben – weniger kann mehr sein.

Meine bisherige Erkenntnis:
Wer sein persönliches Glück aus Konsum (Auto, Haus, Urlaub) zieht und nicht aus einer innerer Zufriedenheit, wird nicht glücklich und will immer mehr und mehr. Wenn man dann noch einen schlechten Job hat oder eine schlechte Ehe oder in einer anderen Situation steckt (meist kommt einiges zusammen) und dazu noch das Gefühl entwickelt man kommt da nicht mehr raus, der bekommt im bestenfalls nur einen Burnout-Syndrom mit diversen psychosomatischen Symptomen.
Es kann auch Herzinfarkt und Sachlachanfall sein.

Was ist meine größte Herausforderung?
Alte Schuhe passen immer besser als neu. Es ist verdammt schwer neue Wege zu gehen und dieses auch durchzuhalten. Es gibt Rückschläge und neue Probleme mit der Gefahr wieder in sein altes Leben zurück zu rutschen.
Daher ist es besondern schwer den „neuen“ Weg beizubehalten und immer wieder die Kraft aufzubringen weiter zu machen.



Was kann ich empfehlen:
Negative Gedanken bringen ein nicht weiter. Wer über sein Tinnitus immer wieder nachdenkt oder andere negative Dinge immer wieder in den Forderung stellt. Kommt nicht weiter, sondern stürzt noch weiter Berg ab. Wie sagte schon Hape Kerkeling in seinem Buch „ Bin dann mal weg!“ - Was immer dich bedrück, drück das Problem weg oder mit anderen Worten immer positive Denken.
Zieht euch nicht zurück von Freuden und Aktivitäten, grübelt nicht über den Tinnitus nach, bewertet diesen nicht negative, sonst müsst ihr immer wieder an ihn denken. Die Medizin hat oft keine Lösung und es gibt viele „zweifelhafte“ Angebote auf dem Markt. Nehmt euch viel zeit für eure Bedürfnisse (nicht Konsum), Hobby und Aktivitäten die euch persönlich gut tun und behaltet das auch bei, wenn es euch besser geht. 

Gruß

Bernado

Beitrag geändert von Bernado (02-10-2012 15:24:42)


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#2 02-10-2012 18:59:52

RobWertanek
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Ort: Wolfsburg
Registriert: 05-09-2012
Beiträge: 10

Re: Der Tinnitus ist weg!

Boah, toll. Das klingt ja Hammer!
Freu mich für Dich! Wenn Du für 1 halbes Jahr im Krankenstand warst und jetzt der TInnitus wirklich vollständig weg ist - da muss sich ja echt einiges getan haben!
Mich interessiert besonders die Passage mit den "alten Schuhen".
Ich glaube, da könnte ich mir eine Scheibe von abschneiden.
Kannst Du vielleicht sagen, in welchen Maßstäben Du da rangeganen bist?
Also bist Du irgendwie umgezogen oder so?


Live long an prosper :-)

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#3 03-10-2012 10:45:48

Bernado
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Ort: Kreis Lippe
Registriert: 18-11-2011
Beiträge: 12

Re: Der Tinnitus ist weg!

Hallo Rob,
also da muss ich dich enttäuschen, äußerlich hat sich nicht viel getan. Das meiste war im Innern und der Prozess ist noch voll am Arbeiten.
Der Krankenstand von 6 Monaten, ist und war noch viel zu kurz. Ich habe alleine 2 Monate gebraucht um im inneren ruhiger zu werden und meinen Blick auf mich selbst zu richten. Zu akzeptieren was da gerade mit mir passiert. Dazu kam und kommt das man nicht „nur“ Tinnitus hat, sondern noch viele anderen psychosomatische Beschwerden. Wie Schlafstörungen, unerklärliche Schmerzen im Körper.
Die Ärzte möchten dass man Psychopharmaka nimmt, die auch Nebenwirkungen haben können. Das halbe Jahr bestand aus dem Ringen mit mir, den Ärzten, dem Arbeitsgeber, den Kindern und auch der Frau. Auch wenn ich aus meiner Sicht weniger zu tun hatte, war ich voll beschäftig und bin es noch.

Du fragtest nach großen Veränderungen:
Wenn etwas auf den Prüfstand kommt z.B. der Job habe ich mir folgendes klar gemacht. Ich kann zwar die äußeren Bedingungen ändern. Aber dadurch bin ich ja noch kein anderer Mensch geworden. Daher würde ich früher oder später wieder da sein, wo ich jetzt bin. Auf meiner Arbeit ist der Chef z.B. ein Psychopath und der hat mir sehr lange zugesetzt (10 Jahre). Wenn ich jetzt den Job Wechsel kann es dort genau so eine Person geben und das Ganze geht von vorne los. Ich habe mich  dann gefragt, was ist es eigentlich was der Type in mir auslöst, das es mir so schlecht geht. Warum hat der so viel macht über mich oder besser warum gebe ich sie ihm oder warum ist mir dieser Arbeitsplatz so wichtig. Das sind aus meiner Sicht die entscheiden Fragen, wofür man sich viel Zeit nehme muss. Es ist wichtig das man erst mal lernt mich sich selbst gut umzugehen, das hört sich erst mal blöd an, aber wenn wir es nicht selber machen dann macht es keiner. Große Veränderungen (Jobwechsel, Umzug) sollte man erst dann angehen, wenn man sich einigermaßen sicher ist, das es das richtige ist. Es kann nämlich passieren, dass man „nur“ seine innere Einstellung ändert und festigt und dann feststellt dass dieses ausreicht. Denn wenn der Chef einen plötzlich nicht mehr zusetzten kann, weil man seine innere Einstellung zu der Sache geändert hat, dann ist das Problem plötzlich nicht mehr so präsent.


Ein wichtiger Mechanismus ist das Denken an sich. Der Mensch denkt den ganzen Tag ohne Pause. Aus dem Strom des Denkens, bekommt der eine oder andere Gedanke mehr Präsenz und das was der Mensch dann meist macht ist diesen Gedanken zu bewerten (positive oder negative). Das ist ein automatischer Prozess aus der Steinzeit, wo es um Leben oder Tod ging und man nicht lange Zeit hatte drüber nachzudenken warum man so oder so entschieden hat. Der moderne Mensch macht das heute immer noch. Damit man zu einem Ergebnis kommt vergleicht man blitzschnell die Situation mit bereit erlebten Erfahrungen. So kann dann so ein psychopathischen Chef, schnell die Rolle des schlagenden Vaters einnehmen und schon quält man sich unbewusst mit einer Situation herum und das über Jahren. Sich jeden Gedanken bewusst zu machen ist sehr anstrengend, daher benötigen wir diesen Automatismus. Aber wenn gerade dieser Automatismus nicht richtig eingestellt/konditioniert  ist, weil man in seinem Leben sehr viele schlechte Erfahrungen gemacht hat (z.B. harte Kindheit mit Gewalt), dann holt einem das unter Umständen irgendwann wieder ein und man bekommt gesundheitliche Probleme, weil man Situationen falsch bewertet und dann auch falsch handelt.

Kleines Beispiel am Tinnitus:
Wenn ich an den Tinnitus denke und diesen negative bewerte statt positive, bleibt der Gedanke präsent.
Ein Teufelskreis beginnt. Wenn ich die Situation positive bewerte, würde man sich schnell um andere Dinge kümmern.

Ich hoffe das ich mich ein ermaßen verständlich ausgedrückt habe.

Bernado

Beitrag geändert von Bernado (03-10-2012 10:59:35)


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#4 04-10-2012 14:18:07

schneewitchen_1970
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Ort: TT seit Ende Nov. 2011
Registriert: 16-12-2011
Beiträge: 55

Re: Der Tinnitus ist weg!

hallo bernardo,

ich freu mich so für dich!! ich wünsche dir, dass du auf deinem jetzt eingeschlagenen weg bleibst und deinen inneren frieden findest.
das zu verwirklichen kostet sooo unendlich viel kraft!
was du so schreibst ist für mich sehr verständlich und auch nachvollziehbar!
gedanklich bin ich voll deiner meinung - leider habe ich zu große angst diesen neuen weg einzuschlagen und das "GROSSE-GANZHEITLICHE" anzugehen.
wahrscheinlich ist aber mein leidensdruck nich nicht gross genug - obwohl ich zur zeit wieder so runter bin, tiefer gehts fast garnicht.

danke nochmals, dass du dich hier mit diesem thema eingebracht hat!!
es hat so gut getan, deine zeilen zu lesen. smile

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#5 12-10-2012 15:06:25

RobWertanek
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Ort: Wolfsburg
Registriert: 05-09-2012
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Re: Der Tinnitus ist weg!

Guten Tag Bernardo!
Danke für Deine Geschichte! Es tut wirklich gut, Deine "Erfolgserlebnisse" zu lesen.
Ich habe es leider erst heute wieder geschafft, daß ich einmal wieder im Forum vorbeischaue, hab zur Zeit soviel zu tun auf der Arbeit, daß ich am Abend zu nichts mehr wirklich komme.
Danke Dir nochmal!


Live long an prosper :-)

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#6 12-10-2012 15:08:14

RobWertanek
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Ort: Wolfsburg
Registriert: 05-09-2012
Beiträge: 10

Re: Der Tinnitus ist weg!

Und natürlich weiterhin ALLES ERDENKLICH gute!


Live long an prosper :-)

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#7 25-10-2012 18:31:11

der_papa
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Registriert: 25-10-2012
Beiträge: 2

Re: Der Tinnitus ist weg!

Hallo Bernado,
es macht Mut, solche Erfolgsgeschichten zu lesen. Zumal es sich bei Dir ja scheinbar nicht um eine überraschende Spontanheilung handelt, sondern eher das Ergebnis eines konsequenten Weges zu sein scheint.

Ich befinde mich in einer ähnliche Situation wie Du.
Tinnitus seit ca. 8 Monaten. Bei mir plötzlich aufgetreten ohne Knalltrauma oder Hörsturz.
Der Tinnitus ist bei mir recht schwankend, sowohl in der Lautstärke als auch in der Qualität.
Ich bin auch mitte 40, habe Frau und zwei Kinder und bin auch im IT-Bereich tätig.
Hatte in den vergangenen Jahren auch viel um die Ohren, sei es aus eigenem Ehrgeiz oder um den diversen familiären und anderen Verpflichtungen nachzukommen. Ich bin nach meiner Einschätzung und der meines Hausarztes schon länger am Rande eines Burnouts unterwegs.

Du schreibst, dass Dein Tinnitus jetzt nach über einem Jahr weg ist. Wann hast Du denn erste Verbesserungen bemerkt? Erst nach 11 Monaten oder gab es schon früher Anzeichen, dass Du auf dem richtigen Weg bist?
Deinen Postings hier im Forum entnehme ich, dass Du Dir ja schon recht früh Gedanken um Deine Lebenssituation gemacht hast und wohl auch bald konkerete Änderungen vorgenommen hast.

Konntest Du die einsetzenden Verbesserungen konkreten Maßnahmen zuordnen?  Wie würdest Du dabei die Reha beurteilen? War die nützlich? Wo hast Du die gemacht?

Kannst Du eventuell ein paar Beispiele geben, welche Maßnahmen Du getroffen hast bzw. welche Änderungen Du an Deiner Lebenssituation vorgenommen hast.
Hast Du meditiert oder ein anderes Mental- oder Entspannungstraining betrieben? Machst Du eine Psychotherapie?

Viele Güße
der_papa

Beitrag geändert von der_papa (25-10-2012 18:31:42)

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#8 25-10-2012 21:42:20

Bernado
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Ort: Kreis Lippe
Registriert: 18-11-2011
Beiträge: 12

Re: Der Tinnitus ist weg!

Hallo „der_papa“,
da der Tinnitus einer Dynamik unterliegt, halte ich schon mal für ein gutes Zeichen. Da ich parallel einen Bournout hatte/habe, habe ich gemerkt das der Tinnitus immer dann besonders präsent ist wenn es mir auch sonst sehr schlecht geht/ging. Mein Burnout ist schwerpunktmäßig mehr körperlich, also Erschöpfung und jede Menge Symptome körperlicher Art(Schmerzen usw.). Diese sind auch noch nicht weg und sind sehr dynamisch wie der Tinnitus ca. 1 Jahr war. Der depressive Teil des Burnout nahm erheblich zu als der Tinnitus noch dazu kam und teilweise unerträglich war. Als ich merkte das es immer mehr Berg ab geht habe ich auch Antidepressiva genommen, die auch Nebenwirkungen haben. Ich kann nicht bestätigen das Antidepressivum gegen Tinnitus hilft, es half mehr beim Burnout und der darauf aufbauenden Depression.
Ich kann nicht eine eindeutige Maßnahme zuordnen. Was geholfen hat war die innere Einstellung zu ändern, ruhiger zu werden und auszusteigen. Da kann auch eine Reha helfen.
Aber eine Reha dient der Rentenversicherung dazu die Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen und ist nicht immer nur im Sinne des Patenten zu sehen. Aber es hilft beim Aussteigen aus dem Alltag mal weg von Frau, Kinder und der Arbeit. Mal andere Leute treffen mit dem gleichen Problem. Das tut gut.
Sein Leben zu ändern ist ein ständiger Prozess. Den man lernen muss, mit Erfolgen und Rückschläge.
Man muss viel nachdenken – aber über die richtigen Dinge. Dazu kann eine Psychotherapie helfen. Da man immer in seinem Hamsterrad ist und da von alleine nicht rauskommt. Da ich ja Wiederholungstäter bin und ich schon dreimal Tinnitus hatte und auch schon eine Psychotherapie, habe ich in der Zeit wo ich zuhause war versucht die gelernten, gelesenen Dinge anzuwenden.
Das wichtigste ist „Drop the thougt!“ Was immer dich bedrückt, schiebe es weg! Und die Gesundheit geht über alles. Das bedeutet das man als letzte Konsequenz alles versucht loszuwerden was einen krank macht. Ist es der Job, dann such dir einen anderen oder kündige. Ist es die Ehe, dann lass dich scheiden usw.
Leider können viele Menschen nicht loslassen. Dann kommen die Augmente ich kann nicht weil ….
Das wäre schon der erste Fehler. Aber das ist nicht leicht. Im normal Fall hat man eine Job, eine Familie, Freunde (oder auch falsche Freude), ein Haus was noch nicht abbezahlt ist usw.
Hier den richtigen Weg finden, ist eine große und lebenslange Aufgabe und ganz wichtig - bei jeden anders. Aber alles Mal einer ordentlichen Inventur zu unterziehen ist nicht verkehrt.

Gruß
Bernado

Beitrag geändert von Bernado (25-10-2012 21:46:09)


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#9 26-10-2012 11:00:08

der_papa
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Beiträge: 2

Re: Der Tinnitus ist weg!

Hallo Bernado,
vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.

Viele Grüße
der_papa

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