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Hallo Nibold,
das ist ja interessant.
Was kann das für die Behandlung des chronischen Tinnitus bedeuten?
VG
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Dirk De Ridder (wohl der aktivste T-Forscher) hat eine Präsentation über den aktuellen Stand gemacht: https://youtu.be/IdIplbDq69c
Hier ist auch von Dopamin die Rede. In dem Video so um Minute 47, wo er dann ein Medikamenten-Cocktail vorschlägt, womit man den T so um 3-4 Punkte herunterreguliert bekommt. Ist aber auch ein Benzo dabei, was natürlich dann wieder problematisch ist.
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Man sollte bei der Interpretation dieses Regulations-Modells etwas zurückhaltend sein und keine direkten Schlussfolgerungen bezüglich der Behandlung des chronischen Tinnitus ziehen. Es ist nach wie vor eine Hypothese und nicht hinreichend belegt, weil man einfach die konkreten Mechanismen nicht kennt. Man stochert nach wie vor an der Oberfläche.
Witzig dabei, dass danach alternativ entweder Tinnitus oder chronische Schmerzen entstehen können (dann bin ich aber sehr froh, dass ich nur Tinnitus habe). Neben anderem haben diese beiden Leiden eins gemeinsam: die beschriebene „selbsterhaltenden Schleife“ lässt sich aufbrechen. Chronische Phantomschmerzen (Schmerzen in einem amputierten, also nicht mehr existierenden Körperteil) verschwinden meist, wenn man dem Hirn durch intelligente Prothesen oder durch die bekannte Spiegeltherapie wieder vernünftige Rückmeldung zuführt. Tinnitusleidende mit schwerem Hörverlust berichten über das Verschwinden des Ohrtons nach dem Einsetzen eines Cochlea Implantats, wenn also auch hier für das Hirn wieder auswertbare Signale vorhanden sind.
Dopamin und Serotonin sind nach diesen Betrachtungen die ausschlaggebenden Neurotransmitter. Denkbar ist eine pathologische Überproduktion von Dopamin, das äußere Erscheinungsbild ist vom User hello51 recht gut beschrieben worden: Perfektionist, Hektiker in Peson, nicht NEIN sagen können, Keine echten Gefühle zeigen können, schnell auf 180, Besserwisser, extremer Ehrgeiz, extreme Zieloientiertheit, Hang zu Depressionen…. Hier könnte, wie u.a. auch von De Ridder (Danke für den Tip, Martin) vorgeschlagen, ein Dopaminantagonist hilfreich sein, aber eine solche Therapie bzw die von De Ridder vorgeschlagene Mischung ist nicht ohne.
Bei einem eventuellem Ungleichgewicht des Serotoninspiegels könnten entsprechende Ernährung und ggf. Medikamente die Sache erträglicher machen.
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Kommen hier denn auch Serotoninwiederaufnahmehemmer in der Form von Antidepressiva ins Spiel?
Das ein gestörter Serotoninspiegel eine Rolle spielt kann ich mir gut vorstellen. Viele von uns haben ja zusätzlich zum Tinnitus noch Depressionen. Ich habe immer gedacht dass die Depressionen die unterliegende Ursache ist dass der Tinnitus aus dem Ruder gelaufen ist. Vielleicht sind es aber beide Symptome der gleichen Ursache nämlich eines gestörten Serotoninhaushaltes.
In der Alternativmedizin wird ein gestörter Serotoninhaushalt in Verbindung gebracht mit einer gestörten Darmflora.
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Leider gibt es kein bekanntes Antidepressivum, was den T leiser macht. Nur Benzodiazepine, die aber für die Dauermedikation ungeeignet sind (Abhängigkeit, Toleranz). Getestet wird derzeit ein Ableger von Trobalt (Wirkstoff Retigabin), da Retigabin den T leiser macht. Trobalt ist ein Epilepsiemedikament, was aber schwere Nebenwirkungen hat. AUT00063 (der Ableger) soll weniger Nebenwirkungen haben. Ein anderes Medikament ist SF0034, was ähnlich wirkt und noch nicht in der Testphase ist.
Ich denke schon, dass wir bald ein Medikament haben werden. Leider haben wir den Mist aber 5-10 Jahre zu früh bekommen.
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Hallo Marie,
kann sein, dass so was wie SSRI und die entsprechende biochemische Maschinerie eine Rolle spielen könnte. Diese Frage ist aber auch von einem Neuropharmakologen nur spekulativ zu beantworten. Im Grunde kann das jeder für sich versuchen zu erforschen: lass es dir unabhängig von irgendwelchen Krankheiten gut gehen, erhöhe damit deinen Seroton/Dopaminin/ Noradrenalinpegel und schau nach, wie dein Tinnitus reagiert. Einfach, nicht wahr? Und aus einem dekompensierten Tinnitus wird dann ein erträglicher, wenn man das kontinuierlich durchzieht.
Eine gestörte Darmflora kann durchaus ein Defizit der wichtigen Transmitter auslösen, denn im Darm lebende Bakterien produzieren u.a. Serotonin und Dopamin. Die wiederum verursachen den Anstoß zur Erzeugung dieser Stoffe im Hirn (wegen der Blut-Hirn-Schranke können sie nicht vom Blut direkt ins Hirn transportiert werden). Auch scheint der Vagusnerv mit einbezogen zu sein. Aber solange dir das Essen schmeckt und keine anormale „Verarbeitung“ und Entsorgung des Gegessenen stattfindet, dürfte die Produktion in Ordnung sein.
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Hallo Nibold,
wenn das mit der Überproduktion von Dopamin stimmt, dann müsste doch MDMA einen Einfluss auf den Tinnitus haben? Die Droge als Medikament wurde hier ja schon diskutiert.
Gibt es da eigentlich neue Informationen bezüglich der australischen Studie?
VG
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Ach Parmenides, Philosophos, Freund der Weisheit, Du stellst Fragen! Zunächst meinte ich eine krankhafte Überproduktion von Dopamin. Da wäre eine Stimulans, die noch mehr Dopamin erzeugt, meiner Meinung noch eher kontraindiziert.
Hat man hingegen einen ruhigen Vertreter des homo tinnitussis vor sich, wird das Dope sicher hilfreich sein. Geht aber auch ohne chemische Hilfe. So hat sich ein langjährig unter einem dekompensierten Tinnitus leidender Phlegmatiker eine äußerst schwere, aber Gott sei Dank nur temporär anhaltende Krankheit zugezogen: er hat die Frau seiner Träume kennengelernt, sie geheiratet – dem Ohrton hat soviel Serotonin und Dopamin überhaupt nicht gefallen und er hat sich dauerhaft vom Acker gemacht.
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Ha ha, abwarten, diese Lösung ist ja auch nur temporär.
Ich habe diesen Artikel auf der Homepage der Uni Regensburg gefunden. Vielleicht macht er ja dem einen oder anderen etwas Hoffnung.
http://mobile.the-scientist.com/article … of-silence
Beitrag geändert von Parmenides (05-10-2015 19:42:10)
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Dieses Placebo ist ein witziges Phänomen, scheinbar „wirken“ Placebos bei bestimmten Krankheiten immer besser, wie ältere Studien bei Neuropsychopharmaka (schönes verbales Konstrukt, meint AD und andere Psycho-Wohltaten) und eine neuere Studie bei neuropathischen Schmerzen (Schmerzen, die durch das Nervensystem selber ausgelöst werden, häufig chronisch) zeigen. Tinnitus kann mit in diese Kategorie fallen, da Schmerzen und Tinnitus sehr ähnlich sind. Das führt dazu, dass die Wirksamkeit bei Neuentwicklungen von Medikamenten/Therapien immer schlechter nachzuweisen ist, weil der verfluchte, unberechenbare Faktor Mensch und seine unverschämte Neigung zur Spontanheilung der Medizinstatistik einen Strich durch die Rechnung macht. In einigen Jahren und damit scheinbar steigender Anzahl der Psychopathen wird das Placebo wohl besser wirken als jede Wirksubstanz. :-)
http://www.nature.com/npp/journal/v37/n … 2153a.html
http://www.nature.com/mp/journal/v14/n4 … 2136a.html
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26307858
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