#1 17-02-2024 20:12:32

Thomas1702
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Beiträge: 9

15 Jahre + 4 Wochen

Hallo zusammen,

ich wollte mich hier auch mal zu Wort melden. Ich habe seit 15 Jahren einen Tinnitus. Kam damit auch super klar und er störte eigentlich überhaupt nicht. Ich lebte ein völlig normales Leben, wie ich es auch ohne Tinnitus gelebt hätte. Auch vor 15 Jahren, ganz am Anfang, hatte ich wenig Probleme ihn zu akzeptieren. Ich hatte damals mehrere Hörstürze und mit denen kam der Tinnitus. Die Hörstürze und Tinnitus bildeten sich aber immer nach 4 oder 5 Wochen zurück. Nur nach dem 3. Hörsturz blieb mir eine Hörminderung und der Tinnitus dauerhaft erhalten. Da hatte mich die Hoffnung durch die schwierige, akute Phase oben gehalten.

Es war alles soweit in Ordnung für mich, bis vor 4 Wochen. Ich ging abends ins Bett machte das Licht aus und merkte sofort, dass irgendetwas anders war. Der Tinnitus war plötzlich so präsent. Er war nicht lauter als sonst. Laute und weniger laute Tage gab es in den 15 Jahren immer wieder mal. Er war plötzlich wieder so nah, so bedrohlich und ich hörte ihn permanent.

Als Auslöser für diesen Reset war wohl eine Verspannung im Nacken die mich seit 2 Monaten beschäftigte. Durch diese Verspannung hatte ich immer irgendwelche Missempfindungen auf der Gesichtshaut, Kopfhaut, eigentlich der gesamte Kopfbereich. Auf diese Missempfindungen achtete ich sehr stark und irgendwann hat mein Gehirn wohl gedacht, es wäre vielleicht wichtig mir mein Tinnitus wieder voll rein zuschieben.

Die letzten vier Wochen waren echt schlimm. Die Gedanken drehten sich den gesamten Tag nur um den Tinnitus. Auch konnte ich kaum schlafen und fühlte mich total hilflos ausgeliefert. Mittlerweile nehme ich Schlaftabletten um zumindest ab und zu mal eine Nacht schlafen zu können.
Aber ich verstehe es einfach nicht. Ich habe ihn seit 15 Jahren und weiß auch wie es ist, wenn man daran gewöhnt ist. Aber ich bekomme es einfach nicht hin, mir dies auch zu verinnerlichen. Immer wieder kommt die Angst hoch. Immer wieder negative Gedanken

So, das ist meine Geschichte. Da ich an den Anfang vor 15 Jahren so gar keine Erinnerungen mehr habe, wollte ich es diesmal zumindest einfach schriftlich festhalten. Weil meine damaligen Gedanken und Erfahrungen, als es akut war, mir heute wahrscheinlich sehr helfen würden.

Aber vielleicht gibt es hier ja jemanden, der/dem es ähnlich ergangen ist.

Liebe Grüße
Thomas

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#2 18-02-2024 22:04:46

Thomas
Administrator
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Re: 15 Jahre + 4 Wochen

Hallo Thomas,

Willkommen im Forum.

Es ist im Einzelfall oft schlecht zu sagen, was der Grund für eine plötzliche Verschlechterung des Tinnitus ist. Aber es gibt sicherlich einen Grund, sei es durch psychischen/ seelischen Stress oder körperliche Ursachen. Bist Du wegen der Nackenverspanungen denn in Behandlung gewesen? Falls noch nicht, würde ich dies auf jeden Fall in die Wege leiten. Dies würde Dir zumindest einen Ansatzpunkt geben, um aus Deiner gegenwärtigen passiven Haltung herauszukommen.

Thomas

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#3 19-02-2024 10:24:08

MaBi
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Beiträge: 64

Re: 15 Jahre + 4 Wochen

Hallo Thomas1702

ich bin nur mehr sehr selten im Forum, da mein Tinnitus (heuer wird er 8 Jahre alt ;-) keine Rolle mehr in meinen Leben spielt - bis auf, wie ich sie nenne, "Rücksetzer", die so alle 2 Jahre einmal auftreten. Ich meine damit kurze Perioden, in dem ich ihn plötzlich wieder "höre", also bewusst wahrnehme, warum? Keine Ahnung. Ich habe einen ziemlich milden Tinnitus, ein leises Zischen, linksseitig, dass vermutlich immer da ist und das ich nicht mehr wahrnehme, bis ich es dann auf einmal wieder "höre" - ein paaar Wochen, bis es wieder in der Versenkung verschwindet. Nachdem es meist auftritt, wenn ich vor meinem Laptop sitze, habe ich eine unglückliche Kopf oder Handhaltung im Verdacht. Ich höre den Tinni auch fast immer (auch in Zeiten, in denen ich in nicht höre...) wenn ich morgens aufstehe, mal lauter, mal leist, liegt wahrscheinlich auch an der jeweiligen Schlafposition. Aber der langen Rede kurzer Sinn: Er zieht sich wieder zurück, bzw. ich überhöre ihn dann wieder. Ich glaube also, das wird bei Dir auch wieder der Fall sein.
Ich verfolge in den Zeiten, in denen ich ihn wahrnehme, die Strategie, ihn einfach nicht wichtig zu nehmen und darauf zu vertrauen, dass er sich wieder vom Acker macht. Ganz weg ist er ja nie, aber meistens eben so leise und unbedeutend, dass ich ihn tatsächlich nicht höre.
Ich kann Dir aus meiner Erfahrung nur den Rat geben, wenn möglich, die negativen Gedanken nicht zuzulassen, sondern auch darauf zu vertrauen, dass Du ihn wieder in den Hintergrund schieben kannst. Es dauert bei mir meistens ein paar Wochen.
Alles Gute!

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#4 19-02-2024 11:56:19

Thomas1702
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Re: 15 Jahre + 4 Wochen

@Thomas
Vielen Dank für Deine Antwort! Morgen habe ich meinen ersten Termin bei einem Physiotherapeuten wegen den Verspannungen. Bin mal gespannt wie es wird. Ich hatte auch schon im Dezember/2023, also bevor er wieder in meiner Wahrnehmung zurückkam, selber Nacken-Übungen gemacht und abends immer die Wärmflasche im Nacken. Da ist mir auch aufgefallen, dass der TT oft sehr leise war. Leise Tage gab es vorher zwar auch, aber nicht so viele in so kurzer Zeit.

Ich hatte auch vor 15 Jahren genau zwischen den 1. und 2. Hörsturz einen Bandscheibenvorfall in der HWS. Nur damals hat man die Ursache der Hörstürze noch als Durchblutungsstörung abgetan.

@MaBi
Vielen Dank für das Teilen deiner Erfahrung.
Die ersten Wochen war ich jetzt in Dauerpanik ( Puls ständig bei knapp 90, Ruhepuls war bei sonst immer um die 60). Das hat wohl den Gewöhnungsprozess aufgehalten. So ganz langsam werde ich aber ruhiger. Der TT ist im Moment auch hyperaktiv und verändert sich ständig. Das liegt wohl auch mit an der Panik und wird bei mir etwas länger dauern, denke ich zumindest. Ich versuche deinen Rat zu folgen.
Nach 15 Jahren Tinnitus stehe ich heute da, wie ein Anfänger ohne jegliche Erfahrung mit dem Tinnitus. Der Unterschied zwischen Gewöhnung ( damals) und jetzt ist riesig.

Liebe Grüße
Thomas1702

Beitrag geändert von Thomas1702 (19-02-2024 11:56:46)

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#5 21-02-2024 11:03:44

MaBi
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Beiträge: 64

Re: 15 Jahre + 4 Wochen

Ich habe mir manchmal die Tinnitus Sprechstunde von dem Dr. Uso Walter angehört, und das meiste, was er über den Tinnitus und dessen Lautstärke sagte, konnte ich so unterschreiben. Auf mich hat fast alles zugetroffen: Je mehr ich versucht habe, den Tinnitus wieder loszuwerden, desto lauter wurde er. (Ich habe damals wirklich alles versucht, Cortison Aktupunktur, Physiotherepie, Psychotherapie usw.) irgendwann habe ich dann resigniert und gedacht, bringt eh nix und mich versucht, mich wieder auf meinen Alltag zu konzentrieren und da wurde er immer leiser und irgendwann habe ich ihn gar nicht mehr gehört. Also für mich stimmt das mit der Aufmerksamkeit, die man dem Tinni schenkt. Muss natürlich nicht für jeden gelten, und es ist auch nicht sehr schwer, einen nicht sehr lauten Tinnitus zu ignorieren. Funktioniert wahrscheinlich nicht immer, aber ich glaube, in den meisten Fällen und sicher auch bei Dir! Alles Gute und lg, Birgit

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#6 22-02-2024 14:25:17

Thomas1702
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Beiträge: 9

Re: 15 Jahre + 4 Wochen

Die YouTube-Videos von Dr. Walter habe ich auch schon gesehen. Sind gute Infos.

Zur Wahrnehmung des TT fällt mir auch noch etwas ein, wo ich die Parallelen zum TT erst jetzt bemerke.

Ich hatte vor ein paar Jahren mal, so ca. zwei Monate lang, sogenannte Extrasystolen (zusätzliche Herzschläge). Laut Arzt völlig ungefährlich. Ich hatte dann aber abends im Bett immer sehr stark auf meinen Herzschlag geachtet, obwohl ich den vorher nie bewusst wahrgenommen hatte. Dadurch, dass ich darauf immer achtete, wurde der Herzschlag immer lauter und deutlicher zu spüren. Ich konnte ihn dann auch bald im Sitzen spüren. Das waren wirklich immer sehr deutlich spürbare Schläge. Als dann irgendwann diese Extrasystolen nicht mehr auftraten, dauerte es dennoch ein paar Monate bis ich meinen Herzschlag nicht mehr spürte.
Und genauso wird es jetzt mit dem TT sein. Da ich darauf sehr achte, wird er lauter und ich nehme ihn deswegen immer so deutlich wahr.

In den letzten Tagen geht es mir mit dem TT aber deutlich besser. Es gab gestern zwar wieder einen Tag, der mich irgendwie stark belastete, aber kleine Rückschläge gehören wohl dazu.

Ich werde in den nächsten Tagen hier mal schreiben, wie ich den TT in den letzten 15 Jahren empfand und wie ich mit ihm klar kam. Eine positive Erfolgsgeschichte (die zwar jetzt unterbrochen wurde) ist für viele hier vielleicht wichtig.

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#7 22-02-2024 16:31:07

mrschaos11
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Beiträge: 11

Re: 15 Jahre + 4 Wochen

Hallo Thomas,

mich würde es freuen, wenn du ein bisschen erzählen würdest, wie du deine "Akut-Phase" gerade überstehst. Mir fällt es sehr schwer, mich abzulenken und ich habe den ganzen Tag Panik und Angstzustände. Zudem fällt es mir sehr schwer, meine Uni-Abgaben zu machen.


Liebe Grüße,

Mrs. Chaos alias Anna

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#8 22-02-2024 19:59:05

Thomas1702
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Beiträge: 9

Re: 15 Jahre + 4 Wochen

Hallo Anna,

bei mir ist es jeden Tag anders. Es gibt gute Tage und schlechte Tage. Aber insgesamt ist in den letzten 5 Wochen eine Besserung zu sehen. Wenn es ein schlechter Tag ist, dann versuche ich schon an den nächsten guten Tag zu denken. So richtig erfolgreich bin ich dabei aber noch nicht. Ansonsten versuche ich mich abzulenken, so gut es geht. Ich war auch nicht in der Lage die ersten zwei oder drei Wochen fernzusehen. Aber das klappt mittlerweile.  Allerdings höre ich den TT dabei noch ständig.
Der TT wechselt aber im Moment auch mal während des Tages, sowohl in Lautstärke als auch der Ton. Daher bewerte ich das auch nicht mehr, da es eh in ein paar Stunden wieder ganz anders sein kann.

Ich hatte dieses Forum und auch andere schon komplett durchgelesen. Es ist wohl völlig normal, dass es immer wieder Tage oder Phasen am Anfang gibt, an denen man nicht so gut mit dem TT klarkommt.
Bei mir weiß ich jetzt aber, dass die Psyche im Moment einfach nicht so stark ist, um dem TT besser entgegenzutreten. Von daher liegt jetzt da auch mein Focus drauf mich damit mehr zu beschäftigen. Vielleicht ist es ja auch hilfreich, wenn man nicht den TT für die derzeitige Situation verantwortlich macht, sondern die eigene psychische Schwäche. Dadurch ist vielleicht leichter, denn TT zu akzeptieren. Damals war bei mir der Hörsturz das Hauptproblem und der Tinnitus eigentlich Nebensache. Vielleicht lag es daran, dass ich damals so entspannt mit ihm umgehen konnte.
Ich habe heute mit der progressive Muskelentspannung. Als Hilfe bei Tinnitus wird es überall empfohlen und für die Stärkung der Psyche ist es auch sehr gut.

Aber du solltest das entspannter angehen. Bei 80% der Menschen mit Tinnitus verschwindet dieser wieder vollständig. Auch wenn es Wochen oder Monate dauern kann. Diese 80% pure Gewissheit auf Heilung sollten dir Kraft geben.
Deine Probleme mit der Konzentration kann ich natürlich voll verstehen. Warst du schon mal bei deinem Hausarzt und hast mit ihr/ihm darüber gesprochen?

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#9 22-02-2024 22:52:30

mrschaos11
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Registriert: 20-02-2024
Beiträge: 11

Re: 15 Jahre + 4 Wochen

Hallo Thomas,

danke für deine Antwort.

freut mich zu hören, dass es dir schon besser geht. Ich hatte auch schon ein paar Tage, wo ich ihn tatsächlich fast gar nicht wahrgenommen hab bzw. mich sogar fast gefreut hab, dass er "fast" weg ist und dann gab es eine Situation wo er wieder so präsent war irgendwie; dann bin ich wieder panisch geworden. Da zwei meiner Verwandte auch TT haben, macht es das für mich irgendwie noch schwieriger, zu glauben, dass ich ihn je wieder loswerden könnte, aber negativ denken ist wohl der falsche Weg auf dieser Reise.

Wegen meiner Unruhe war ich heute beim Arzt, welcher mir zu "Passedan" riet; ich habe mir jetzt "Lasea" besorgt und "Aquilea Relax", da in "Passedan" ja Alkohol enthalten ist, worauf ich erstmal gänzlich verzichten möchte. Mal sehen, ob das hilft. "Richtige" Medikamente wollte mir meine Ärztin nicht verschreiben. Sonst hab ich mir nur noch Blut abnehmen lassen, um da mal zu schauen, ob es irgendwo Mängel gibt.

Das mit der psychischen Komponente kann ich unterstreichen; ich denke, wenn es mir gerade psychisch besser gehen würde bzw. wenn "sonst alles passen würde", dann würde mir der Umgang auch leichter fallen.

Liebe Grüße,
Anna

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#10 23-02-2024 11:49:39

Panda
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Registriert: 26-11-2023
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Re: 15 Jahre + 4 Wochen

Schlaftabletten/Benzodiazepine bereiten oft mehr Probleme als sie lösen. Ich hoffe, du schaffst es bald auch wieder ohne Tabletten erholsam zu schlafen.

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Brett Fußzeile

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