#1 27-04-2009 15:37:36

Jochen Hermann
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Beiträge: 20

Tinnitus, Nervosität und Angstzustände

Hallo Forumsteilnehmer,

vielleicht kennt jemand von Euch das Problem, das ich Euch gleich beschreiben werde und ist da irgendwie herausgekommen. Es würde mir sehr helfen, wenn mir hier jemand eine Antwort geben könnte.

Inzwischen sind drei Monate vergangen und mein Tinnitus hat einen neuen Klang bekommen und mein Leben einen neuen Ton, und zwar einen depressiven.
Mir ist das passiert, vor dem man so eindringlich warnt. Ich habe mich mit allen Mitteln versucht von dem Tinnitus abzulenken und bin dadurch wie unter einem inneren Zwang unter Dauerstreß gekommen.
Inzwischen fühle ich mich sehr nervös, erwache morgens, als ob ich wie zur Schulzeit eine schwere Prüfung vor mir hätte. Tagsüber fühle ich mich depressiv und bekomme immer wieder schwere Angstzustände, die mich nachts häufig nicht schlafen lassen. Ich habe vor kurzem ein Buch über Angst und Panikattacken begonnen zu lesen, das konnte mein Hineinsteigern etwas beschwichtigen. Aber meine Lebensqualität ist gleich Null.
Und immer wieder bombardiert mich die Frage: was ist, wenn das so bleibt?!

Inzwischen höre ich den Ton immer, als wenn mein Hirn ihn selbst erzeugen und den ganzen Kopf beschallen würde. Er legt sich über alle Geräusche drüber ist sehr hochfrequent und dröhnt in meinen Gehirnzellen.
Dazu pfeift es in meinem linken Ohr und im rechten habe ich häufig das Gefühl, als ob irgendwo, weit entfernt Glocken läuten würden. In den letzten Wochen haben sich die Töne also verändert, auch die Ohren, das läßt doch auch darauf schließen, dass es keine Erkrankung des Innenohres sein kann, oder doch?
Mir zwängt sich die Frage auf, ob ich mir mit meiner depressiven Verstimmung, meiner Angespanntheit und meiner fürchterlichen Angst den Tinnitus nicht immer mehr verstärke. Ich kenne einige Leute (man redet ja darüber), die ihren Tinnitus nach ca. drei Monaten los geworden sind. Sie hatten sich nicht reingesteigert. Sie stehen oder standen im Berufsleben und sind abgelenkt worden.
Ich arbeite künstlerisch, ein sehr einsamer Beruf. Ich sitze also im Atelier und arbeite still vor mich hin - der ideale Ort, um sich immer mit dem Pfeifen zu beschäftigen.
Ich habe inzwischen schon fast einen Zwang entwickelt. Ich weiß, dass mir Angst und Panik schadet, den Tinnitus verstärkt und vielleicht gerade deswegen bekomme ich immer mehr Angst. Ich bin in einem Teufelskreislauf gefangen, den ich sogar erkennen kann.
Ich habe in den letzten Wochen viel versucht - und viel Geld ausgegeben. Es konnte alles meinen Weg zur Verschlechterung nicht stoppen. Ich hatte sogar zwei Wochen Urlaub gemacht - ohne meine Familie, um mal "Ruhe" zu haben. Hat nicht geklappt.

Wie ist das überhaupt, kann man mit Tinnitus jemals wieder Ruhe empfinden? Kann man sich an einem stillen Ort zurücklegen und empfinden: Ahhh ist das schön und ruhig und entspannend? Ich bin wirklich völlig relaxt...?

Wenn ich das im moment versuche, vergehen keine fünf Minuten und ich springe mit Schweißausbrüchen auf, als wenn ich in Adrenalin getränkt worden wäre. Manchmal ist es wie ein Wunder, dass ich es schaffe am Abend einzuschlafen, da muß ich mich jedes Mal vorher mit hoffnungsvollen, sehr optimistischen Gedanken anfüllen. Das ist häufig Schwerstarbeit und wird immer schwerer, je länge ich den Tinnitus habe, zumal es heißt, dass nach drei Monaten der Tinnitus in die chronische Phase kommt, d.h. sich nicht mehr heilen läßt, man sich mehr oder weniger nur noch daran gewöhnen kann.

Ich muß der Vollständigkeit halber erwähnen, dass ich vor etlichen Jahren schon einmal ein Jahrzehnt Panikkrank war. Ich kenne das Gefühl also sehr gut und genau. Damals überfiel mich die Panik aus heitem Himmel und sehr häufig. Mein ganzes Leben war ein Chaos. Es ist dann nach langer Therapie viel besser geworden.
Jetzt geht die Panik wieder los, doch diesmal hängt sie sich an den Tinnitus und der pfeift immer. 

Letzte Woche habe ich eine Psychotherapie begonnen, um zumindest meine Panikzustände anzugehen. Mal sehen, was dabei herauskommt.

Im Juli habe ich einen Termin in einer Tinnitus Klinik, da ist er bei mir aber auch schon ein halbes Jahr alt und wohl völlig chronisch...

Ich will mit meinem Bericht niemanden entmutigen, aber vielleicht gibt es jemanden, der mir erzählen kann, wie er es geschafft hat, aus einem ähnlichen Teufelskreislauf herauszukommen.

Liebe Grüße an Alle,

Jochen

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#2 28-04-2009 11:40:53

fritz
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Beiträge: 11

Re: Tinnitus, Nervosität und Angstzustände

Lieber Jochen,

ich habe in den vergangenen Wochen viel von der Tinnitus-Liga profitiert, die einen Telefonpartner-Service bereithält. Man kann sich mit "alten Hasen" austauschen. Und alle sagen wie aus einem Munde, dass es besser wird, dass man es schafft, dass es nicht so grausam bleibt, wie man es jetzt empfindet, dass es aber möglicherweise etwas Zeit braucht. Diese Dreimonats-Frist würde ich mal nicht so eng sehen, es gibt Leute, bei denen ist es noch nach Jahren verschwunden. Manche Ärzte sprechen von einer "subakuten" Phase, die sie bei etwa einem Jahr ansetzen, aber ich denke, das ist auch individuell einzuschätzen.
So eine Klinik ist bestimmt sehr hilfreich, ich habe von vielen Leuten gehört, denen dort sehr erfolgreich geholfen werden konnte.
Alle lieben Wünsche,
Fritz

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#3 05-05-2009 21:13:54

Jochen Hermann
Mitglied
Registriert: 02-03-2009
Beiträge: 20

Re: Tinnitus, Nervosität und Angstzustände

Lieber Fritz,
danke für Deine Antwort. Sie hat mir weiter geholfen.
Ich wünsche auch Dir Gelassenheit und eine gute Besserung!

Jochen

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#4 11-05-2009 15:16:13

Jochen Hermann
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Beiträge: 20

Re: Tinnitus, Nervosität und Angstzustände

Liebe Leidensgenossen,

nachdem mein letztes mail meinen dramatischen Zustand beschrieb, möchte ich etwas positives hinterherschicken.

Ich habe mich psychisch wieder ganz gut im Griff!
Das Pfeifen im linken Ohr ist leiser geworden, manchmal sogar fast weg. Vielleicht höre ich es auch nicht mehr, da der zentrale Tinnitus, also das Kopfsausen nach wie vor sehr laut ist und mir teilweise noch lauter vorkommt als am Anfang.
Trotzdem schaffe ich es, mich immer besser zu entspannen, gehe täglich spazieren, halte etwas Mittagsruhe und arbeite nachmittags im Garten. Das ganze versuche ich ohne Streß anzugehen, aber schon mit Elan. Ich achte also ganzheitlich auf meine Gesundheit, und das bekommt wohl auch meiner Psyche gut.
Trotzdem werde ich jetzt mal eine Weile zur Pschologin gehen. Wir fangen mit KIP-Bildern an (Katatymes Bilderleben). Sie meint, ich würde ganz gut darauf ansprechen. Außerdem gehe ich einmal die Woche in die Sauna und sehe auch zu, dass ich eine Massage bekomme. Das hilft auch ganz gut.

Ich habe mich nach wie vor nicht mit dem Tinnitus abgefunden, ich bin immer noch dabei, alles zu tun, dass er besser wird, bzw. ganz verschwindet. Ich bete sehr viel, das ist auch eine Quelle der Kraft. Außerdem überlege ich mir, was ich nicht alles schon im Leben gehabt habe, teilweise auch über Jahre, und das besser geworden ist, bzw. wieder weg gegangen ist. Warum sollte es mit dem Tinnitus nicht genauso sein?

Schade, dass man in diesen Foren nur selten die Stimme hört, die sagt: He Leute, hört mal zu, ich hatte 2 Jahre lang entsetzliches Ohrensausen, das ist nun weg, einfach so. Ist auch nicht wieder gekommen! Ich habe das in meinem Leben verändert, und das hat geholfen...
Falls jemand so etwas berichten kann, so wäre es schön, wenn er sich hier zu Wort melden würde.

Ist es bei Dir, Thomas, nicht so oder ähnlich?

Eine Frage noch zum Abschluß:
Wenn ich schnell gehe, merke ich, das der Tinnitus immer lauter wird. Er wird auch rythmisch, als wenn das Blut einen gewissen Einfluß darauf hätte. Bleibe ich stehen und verschnaufe, wird das Pfeifen wieder etwas leiser. Auch kann ich mit meinem Kiefer das Geräusch lauter machen (z.B. beim Gähnen), aber leider nicht leiser. Mir kommt es auch vor, als ob gewisse Kopfbewegungen das Geräusch verstärken würden.
Lässt das nicht darauf schließen, dass die Wirbelsäule, bzw. der Kiefer irgendetwas mit den Geräuschen zu tun hat?

Das Pfeifen ist nach wie vor sehr hochfrequent und im ganzen Kopf.  Wenn ich mit jemandem rede, so kommt mir mein Gehör etwas mitgenommen vor, als wenn s-Laute irgendwie zerfließen würden. Die Töne fühlen sich in meinem Kopf fast entzündet an. Kennt das jemand?

Ich hoffe, ich konnte mit meinem aktuellen Bericht Leuten Mut machen, denen es ähnlich geht wie mir, die auch entsetzliche Angstzustände wegen des Tinnituses haben. Ich bin wieder besser drauf und wünsche mir, dass es Euch genau so geht.

Falls Ihr Fragen habt, schreibt einfach.

Liebe Grüße an alle Leidensgenossen,

Jochen

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#5 14-05-2009 05:02:12

andyM
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Re: Tinnitus, Nervosität und Angstzustände

servus jochen,

mir geht es gerade genau so ich habe auch einen sehr hochfrequenten ton auf beiden ohren verstärkt links. das geräusch habe ich schon seit 10 jahren habe aber gelernt sehr gut damit umzugehen. das mit der panik ist ganz normal habe ich auch als -bin auch sehr empfänglich für sowas.
aber der gedanke daran das es ca.10-15 % dem rest der deutschen genau so geht und vorallem gibt es in absehbarer zukunft bestimmt auch bessere therapien usw. lässt mich meine angst dann wieder in den griff bekommen.

das du künstlerisch aktiv bist ist doch super das hift total. bei mir war eine wassersprudelsäule aus dem baumarkt äuserst hilfreich da der geneator einen angenehm ruhigen dumpfen ton erzeugte. man kann zusätzich auch noch ein paar plastikperlen reinwerfen dann hört es sich wie regen an.
das ding ist ne echte wunderwaffe gewesen und gab mir meinen schlaf wieder -bis das ding dann den geist aufgab und ich merkte das ich es nicht mehr brauche.

im allgemeinen denke ich so schleichen wie die geräusche kommen -so verschwinden sie auch wieder oder halten sich auf einem erträglichen level.

mfg andi

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#6 16-05-2009 16:30:43

Thomas
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Re: Tinnitus, Nervosität und Angstzustände

Jochen Hermann schrieb:

Schade, dass man in diesen Foren nur selten die Stimme hört, die sagt: He Leute, hört mal zu, ich hatte 2 Jahre lang entsetzliches Ohrensausen, das ist nun weg, einfach so. Ist auch nicht wieder gekommen! Ich habe das in meinem Leben verändert, und das hat geholfen...
Falls jemand so etwas berichten kann, so wäre es schön, wenn er sich hier zu Wort melden würde.

Ist es bei Dir, Thomas, nicht so oder ähnlich?

Man hört diese Stimme doch gelegentlich, und man kann eigentlich nicht erwarten, dass man sie häufig hört, da die meisten Leute bei denen es sich grundlegend bessert, wahrscheinlich froh sind, mit dem Thema nichts mehr zu tun zu haben. Übertragbar auf den eigenen Fall sind diese Beispiele jedoch ohnehin nicht unbedingt, einfach weil der der Tinnitus zu verschieden von Person zu Person ist. Aber sie sollten einem auf jeden Fall Mut machen, hier nicht zu resignieren, sondern versuchen, seinen eigenen Weg zur Besserung zu finden. Hierfür sind jedoch letztlich nur die eigene Erfahrungen ausschlaggebend.

Jochen Hermann schrieb:

Eine Frage noch zum Abschluß:
Wenn ich schnell gehe, merke ich, das der Tinnitus immer lauter wird. Er wird auch rythmisch, als wenn das Blut einen gewissen Einfluß darauf hätte. Bleibe ich stehen und verschnaufe, wird das Pfeifen wieder etwas leiser. Auch kann ich mit meinem Kiefer das Geräusch lauter machen (z.B. beim Gähnen), aber leider nicht leiser. Mir kommt es auch vor, als ob gewisse Kopfbewegungen das Geräusch verstärken würden.
Lässt das nicht darauf schließen, dass die Wirbelsäule, bzw. der Kiefer irgendetwas mit den Geräuschen zu tun hat?

Der Tinnitus ist ja nervlich bedingt, und jegliche Schwankung der nervlichen Aktivität (wie sie zum Beispiel leicht bei körperlicher Aktivität auftritt) wirkt sich daher entsprechend aus.
Und die Änderung bei Kieferbewegung ist auch natürlich, da der Kiefer ja mechanisch mit dem Mittelohr gekoppelt ist, und die Bewegung koppelt daher auch in den Hörnerv zurück.

Jochen Hermann schrieb:

Das Pfeifen ist nach wie vor sehr hochfrequent und im ganzen Kopf.  Wenn ich mit jemandem rede, so kommt mir mein Gehör etwas mitgenommen vor, als wenn s-Laute irgendwie zerfließen würden. Die Töne fühlen sich in meinem Kopf fast entzündet an. Kennt das jemand?

Hast Du schon mal probiert, für 2-3 Tage einige Schmerztabletten (Paracetamol oder Aspirin) zu nehmen? Diese haben bei mir den anfänglichen starken und hochfrequenten Ton im Kopf in einen weitaus erträglicheres Rauschen auf beiden Ohren verändert, und von da an hat es sich eigentlich stetig weiter verbessert. Einige Leute haben mir auch berichtet, dass es bei Ihnen die gleiche Änderung gab. Ich glaube, dass dieser scheinbare intensive Ton im Kopf bei den meisten nur in der Anfangsphase auftritt, wenn der Tinnitus noch stärker ist.

Ich möchte auch noch einmal auf die Gefahr hinweisen, dass hochfrequente Töne von elektrischen Geräten sich leicht akustisch in den Tinnitus einkoppeln und diesen verschlechtern können, selbst wenn sie nicht sehr laut sind. Ich hatte deshalb meinen Elektrorasierer entsorgt, da er wahrscheinlich für die Verschlechterung meines Tinnitus in den ersten Wochen verantwortlich war. Bei einigen anderen Geräten (z.Bsp. Staubsauger) habe ich immer Ohrenstöpsel benutzt.

Thomas

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#7 16-05-2009 17:59:55

Steffen82
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Beiträge: 8

Re: Tinnitus, Nervosität und Angstzustände

Hallo,

ich missbrauche einfach mal dein thread jochen um mir meinen frust von der seele zu schreiben.

ich schreibe jetzt nicht meine ganze krankheitsgeschichte hier auf. der aktuelle stand ist, dass der kieferorthopäde und ein "normaler" orthopäde festgestellt haben, dass mein kiefer, nacken und der schulterbereich total verspannt sind. ich habe von infusionen zu ginko tabletten schon so gut wie alles durch, ginko habe ich nun selbstständig abgesetzt, da sich durch die einnahme nichts ändert. nachdem ich es abgesetzt hatte, hatte ich auch endlich keine alpträume mehr.

mein geräusch ist auf dem rechten ohr und recht tieffrequent, dazu fühlt sich das rechte ohr etwas verschlossen an.

das einzige mittel, welches meine ohrgeräusche verstummen lässt, sind hochgradige kortison infusionen. ein orthopäd war deshalb der meinung, dass es nicht der klassiche tinnitus ist, da dieser sich von kortison nicht beeindrucken lässt ? i

ist da was dran ?

kortison ist natürlich keine lösung und seit ich die massagen bekomme (nacken und kiefer) habe ich meinen HNO auch nicht mehr bzgl. neuer infusionen aufgesucht. er weigert sich auch (zurecht) mir weiter diese heftigen infusionen zu geben. ich habe natürlich auch aufgehört, weil ich beobachten möchte, ob sich die geräusche durch die massagen lindern.

nach den ersten massagen wurde das geräusch schlimmer, ich versuchte mir selbst mut zu machen mit parolen wie: "ja klar, am anfang wird das erstmal schlimmer" mit manchmal mehr, manchmal weniger erfolg. meine letzte kiefermassage ließ die geräusche verstummen, morgens nach dem aufwachen waren sie wieder da.
auf raten des arztes habe ich nun mit etwas ausdauertraining im fitnesstudio angefangen. gestern war ich das erste mal trainieren und die geräusche verschwanden den ganzen tag. so glücklich war ich schon lange nicht mehr.
meinen zwang alle paar minuten mir die ohren zuzuhalten und zu prüfen, ob das geräusch noch da ist, konnte ich trotzdem nicht ablegen.

wie sollte es anders sein, heut nacht wachte ich auf weil ich durst hatte und das geräusch war wieder da. laut, durchdrigend, schlimmer als je zuvor kommt es mir nach dem tag ruhe vor.

sofort falle ich wieder in meine depressionen, bekomme ein hass auf meinen körper, auf mein leben, auf alle gesunden menschen um mich rum. meine lebensqualität ist seit meiner krankheit gleich null. ich war so ein geselliger mensch (bin übrigens 26), nun geh ich nicht mehr weg. ich habe angst auszugehen und wenn, dann nur mit starkem gehörschutz. ich habe einen hass auf alles laute entwickelt, dabei würd ich so gerne mal wieder tanzen gehen.
ich kann dem teufelskreis mit der kontrolle, ob das geräusch noch da ist, nicht entfliehen, es bestimmt meinen ganzen tag.

dabei weiß ich, sind geräusche da, höre ich den tinnitus nicht, oder nur schwach. ständig geräusche um mich zu haben stresst mich jedoch. ich möchte einfach mal nichts hören und ruhig daliegen können. ich bilde mir ein, früher eine absolute stille um mich gehabt zu haben. gespräche mit gesunden personen, welche keinen tinnitus haben, aber auch wohl irgendwas hören wenn es absolut still um sie ist, muntern mich nicht auf.

dieses ständige auf und ab von 0% zu 100% ist es, was mich in meine depressionen fallen lässt. auf dieses wunderbare gefühl kommt jedesmal der tiefe absturz. nachdem es heute wieder so schlimmt ist, habe ich mich sofort mit kopfschmerztabletten und ginko tabletten vollgestopft, natürlich kein erfolg, ist doch auch klar sag ich mir.

ich finde nur keine erklärung für diese extremen schwankungen. wieso habe ich beim einschlafen nichts und wache morgens mit einem so heftigen gedröhne auf ?! wie soll ich da nicht wieder in dieses depressive loch fallen ?


eien ausstehende behandlung ist noch die schienentherapie beim kieferorth. ich würde extrem knirschen meint er. bei der bewegung des kiefers höre ich auch ein knacken im rechten ohr. wenn ich den mund öffne, fällt der kiefer auch nach links unten ab. vieleicht bekommt man das ja wieder hin und die geräusche verschwinen, wer weiß.

---

beim psychologen war ich noch nicht, habe damit auch keine erfahrung. bilde mir ein, dass ich da pro stunde 100 euro bezahle und nur ausgenommen werde. so wie es scheint, brauche ich aber dringend hilfe.

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würde mich freuen, wenn sich jemand diesen langen text durchliest und mir doch ein paar tipps geben kann.

Beitrag geändert von Steffen82 (16-05-2009 18:12:02)

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#8 18-05-2009 23:28:49

Thomas
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Re: Tinnitus, Nervosität und Angstzustände

Hallo Steffen,

Willkommen im Forum.

Ich kann Deine Situation gut nachfühlen. Der Tinnitus kann in den ersten Monaten sehr unberechenbar sein. Es hängt einfach mit der Sensibilität und Variabilität des Nervensystems zusammen (siehe http://www.neuro24.de/tinnitus.htm ).

Durchblutungsfördernde Mittel wie Ginkgo oder Infusionen sind bei den meisten Leuten einfach nutzlos, da Tinnitus keine Durchblutungsstörung sondern ein nervliches Problem ist. Es kommt also vornehmlich darauf an, das Nervensystem zu beruhigen und zu dämpfen. Bei mir hat in der Anfangsphase eine gelegentliche Schmerztablette (Paracetamol oder Aspirin) gut in dieser Hinsicht geholfen. Später auch alkoholfreies Bier.

Mit gewissen Schwankungen muss man sich beim Tinnitus schon abfinden, einfach da die nervliche Aktivität sehr variabel ist. Dies wird aber mit der Zeit weniger werden.

Auf jeden Fall ist es das schlechteste, hier in Panik zu verfallen, da dies die Nerven nur noch mehr reizt. Stecke Deine Ziele im Moment nicht zu hoch, sondern versuche, das Problem von Tag zu Tag anzugehen.

Und bezüglich des Sportes solltest Du beachten, dass Dehydrierung schlecht im Hinblick auf den Tinnitus ist. Du solltest also genügend Flüssigkeit trinken.

Thomas

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#9 20-05-2009 22:40:53

Steffen82
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Beiträge: 8

Re: Tinnitus, Nervosität und Angstzustände

Hallo Thomas,

danke für deine Ratschläge.

Im Moment ist allerdings meine rechte Seite vom Kiefer (ich hab auch den tinnitus nur rechts) extrem angeschwollen. Unklar ist, woher das kommt, oder ob es eine Reaktion auf die Massagen im Kieferbereich ist. Durch die Schwellung ist auch der Tinnitus im Moment sehr stark, Ginko habe ich weiterhin abgesetzt.

Meine Hoffnungen liegen auf der Kieferorthopädischen Behandlung die nächste Woche startet, gegen die Schwellung nehm ich Ibuprofen.

Gegen die Depressionen werde ich demnächst professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, allein kann ich damit nicht (mehr) umgehen.

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#10 23-05-2009 13:22:00

Jochen Hermann
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Beiträge: 20

Re: Tinnitus, Nervosität und Angstzustände

Hallo Steffen,

dass Du professionelle Hilfe wegen Deiner Depressionen suchen willst, halte ich für gut. Ich mache das auch. Ich kämpfe genau wie Du und manchmal bin ich sehr am Boden. Manche Nächte kann ich kaum schlafen, alle paar Minuten bekommen ich starke Angstzustände...
Ich bin kein Tinnituserfahrener, deshalb kann ich Dir nur schreiben, was ich mache, damit es für mich erträglicher wird:

Bücher: folgende Bücher helfen mir:

"Die neue Medizin der Emotionen, Stress, Angst, Depression: Gesund werden ohne Medikamente" von David Servan-Schreiber

""Das Gedächtnis des Körpers, wie Beziehungen und Lebensstile unsere Gene steuern", von Joachim Bauer

"Die heilende Kraft Gottes, Krankheit, Heilung und der Faktor Glaube", von Daniel E. Fountain

"Eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit dem ersten Schritt - seelische Kräfte entwickeln und fördern", von Luise Reddemann

und "Tinnitus, so finden Sie wieder Ruhe", von Uwe H. Ross

Diesen Büchern kann man sehr viel Optimismus entnehmen und man kann den Glauben bestärkt bekommen, dass man wieder ganz geheilt werden kann, wenn man sich sein Leben ansieht und bereit ist, auch einiges zu ändern (speziell in seiner persönlichen Sichtweise). Ich brauche solche Texte.

Des weiteren habe ich mir ein Diktiergerät besorgt. Wann immer ich in Angst und Depression verfalle, spreche ich das da hinein.
Und ich stelle Fragen, bei deren Antwort ich mir nicht lange Zeit lasse, damit die Intuition zu Wort kommt, nicht wieder der Intellekt - wie sonst immer.
Ich bin überrascht, wie häufig ich mir selbst Mut zuspreche!!!
meine Intuition sagt immer wieder, dass ich eines Tages den Tinnitus los sein werde und dass ich ihn im Moment noch benötige, damit ich in meinem Leben endlich ein paar Sachen ändere!

Mein Körper hat mir schon seit Jahrzehnten Signale geschickt: über 20 Jahre starke Pollenallergie (von Februar bis Juni), seit über drei Jahren Bauchschmerzen, seit bald zwei Jahren Hautschmerzen am ganzen Körper und nun der Tinnitus.

Und es ist folgendes: noch nie habe ich mich so intensiv um mich gekümmert, wie ich es jetzt tue. Alle anderen Krankheiten habe ich mehr oder weniger durchlitten, mich daran gewöhnt, doch der Tinnitus ist das schlimmste, zumal ich schon davor ziemlich geräuschempfindlich war. Jetzt tue ich etwas für mich. Ich lebe bewußter, achte auf meine Gefühle, vermeide Stress, etc.

Luise Reddemann stellt in ihrem Buch: "Eine Reise von 1000 Meilen..." folgende Frage: "Womit nährt mich meine Krankheit?", also nicht: "Warum habe ich dieses Leiden bloss...?"

Man kann nämlich davon ausgehen, dass eine Krankheit einen auch nährt! Was bekomme ich durch die Krankheit, was ich ohne sie nicht bekäme?

Ich habe mir diese Frage gestellt und die Antwort ohne viel nachzudenken in mein Diktiergerät gesprochen. Ich war über die Antworten erstaunt.
Am Ende bekannte ich, dass der Tinnitus eigentlich ein sehr guter Lehrer für mich ist. Er bringt mich Tag und Nacht dazu, bewußt an mir zu arbeiten. Er läßt sich auf keine faulen Kompromisse ein. Er verlangt harte Arbeit von mir und wenn ich das nicht tue, spüre ich wie die Angst in mir aufsteigt, ich zu zittern beginne, nicht mehr schlafen kann,...

Er fordert mich dazu auf, in meine Intuition zu gehen, in mich hinein zu spüren. Er verlangt eine tiefgehende Veränderung meiner Persönlichkeit, und ich weiß ganz genau, nicht zu meinem Schlechten!

Ich war schon vor dem Tinnitus ein gewisser Schwerenöter, jemand, der das Glas eher halb leer, als halb voll gesehen hat. Ich war jemand, der nicht sagen konnte: "Ich liebe und akzeptiere mich so, wie ich bin!", ohne dabei einen schalen Geschmack im Munde zu bekommen. Ich hatte kein Vertrauen ins Leben und in Dinge, die außerhalb der anerkannten Realität existieren.
Und ich habe es niemanden merken lassen! Nach außen lebte ich den Optimisten, den Mutmacher. Und ich habe mein ganzes Leben lang schon tiefsitzende Ängste gehabt. Die kommen jetzt voll raus (hatte vor vielen Jahren lange Zeit Panikattacken und Depersonalisationsgefühle).

Der Tinnitus zwingt mich dazu, mich schonungslos selber zu erkennen. Noch nie habe ich so scharf meine Schwächen gesehen, aber auch noch nie konnte ich mit einer so starken Vehemenz sagen, dass ich es großartig finde, wie ich mich der Sache stelle, mir dafür anerkennend auf die Schulter klopfe und mich sogar liebe! Ja, das gelingt mir plötzlich!

Steffen, ich könnte Dir noch viel mehr schreiben und wenn Du Fragen hast, so will ich Dir gerne sagen, wie ich es mache, um das Bestmögliche aus dem Tinnitus herauszuholen - für meine Persönlichkeit.
Im übrigen bin ich fest davon überzeugt, dass man den Tinnitus wieder los werden kann, man muß nur den Weg dazu finden - und der ist wohl bei jedem etwas anders.

Wenn Du die Bücher liest, die ich oben genannt habe, dann bekommst Du einen sehr guten Einblick, wie "Wunder" möglich sind, wenn man ein paar elementare Regeln befolgt.

Machs Gut und alles Liebe, wünscht Dir Dein Leidensgenosse,

Jochen

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Brett Fußzeile

Based on PunBB 1.2.19