#31 17-05-2019 21:54:07

Harry
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Re: Kein Lebenswillen mehr

Psychopharmaka ist ein Oberbegriff für verschiedene psychoaktive Substanzen welche die neuronalen Abläufe im Gehirn beeinflussen, z.B.: Neuroleptika gegen Schizophrenie, Anxiolytika wirken angstlösend, Benzodiazepine zur Beruhigung, Schlafmittel wie Zopiklon gehören wie auch Antidepressiva zur Gruppe der Psychopharmaka. Antidepressiva können durchaus bei Tinnitus sehr hilfreich sein. Sie lindern zwar nicht die Ohrgeräusche, stabilisieren aber die Psyche und helfen den Tinnitus besser zu ertragen. Habe in meiner 20-Jährigen Tinnitus-Laufbahn einige durchprobiert. Auch das oben gen. Escitalophram. Bei mir hat es keinen Einfluss auf die Tinnituslautstärke gehabt. Wirkt sehr effektiv gegen Ängste und Panikattacken. Verursacht aber mit der Zeit eine schlimme sexuelle Dysfunktion, deswegen habe ich es abgesetzt. Habe jetzt ein Mittel gefunden welches bei mir fast Nebenwirkungsfrei wirkt und bin zufrieden damit. Pflanzliche Mittel habe ich auch schon alle durch. Die waren in meinem Fall zu schwach, um etwas auszurichten. Aber das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Wenn man verzweifelt ist, versucht man alles. Mir hilft es auf jeden Fall sehr gut. Und erst recht wenn man den Lebensmut verloren hat. Eine sehr gefährliche Situation. Bevor ich mich aus purer Verzweiflung eines Tages vor den Zug werfe, nehme ich lieber ein Medikament ein welches mich wieder aufbaut. In diesem Sinne....

Beitrag geändert von Harry (17-05-2019 22:10:30)

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#32 18-05-2019 09:36:07

Hoffnung
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Re: Kein Lebenswillen mehr

Hallo Harry,

welches AD hilft Dir?

Ich selber nehme Mirtazapin, hilft gut zum einschlafen, aber eine antidepressive Wirkung habe ich nicht

davon.

Gruß Hoffnung

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#33 18-05-2019 10:37:38

Harry
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Re: Kein Lebenswillen mehr

Mirtazapin habe ich auch schon versucht. Macht hundemüde und schlägt sich auf der Waage nieder. War den ganzen Tag benebelt. Momentan nehme ich Virtioxetin. Das Medikament heißt Brintellix. Ist ein sehr mildes AD. Die einzige Nebenwirkung war in der ersten Woche eine leichte Übelkeit. Danach nichts mehr. ist Gewichtsneutral und beeinflusst auch nicht die Libido. Fühle mich in keinster Weise irgendwie beeinträchtigt. Im Gegenteil. Es hat die kognitiven Fähigkeiten verbessert. Fühle mich so als ob ich keine Chemie intus hätte. Bei mir hat sich die antidepressive Wirkung auch erst so richtig nach 5-wöchiger Einnahme eingestellt. Wenn Du es länger als 6 Wochen nimmst und es nicht wirkt, solltest Du es absetzen und ggf. ein anderes probieren. Sertralin fand ich auch gut wirksam.

Beitrag geändert von Harry (18-05-2019 10:45:17)

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#34 19-05-2019 20:04:43

Katniss
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Re: Kein Lebenswillen mehr

Colorina schrieb:

Hallo Katniss,

wie geht es dir heute?
Ich kann das, was du schreibst, so gut nachempfinden, hatte auch die erste Zeit schlimme Panikattacken. Leide ebenfalls an einer Angsstörung.

Dass der T in der chronischen Phase auch wieder verschwinden kann, kann ich bestätigen. Habe 2 Bekannte, bei denen es nach ca. einem Jahr wieder verging.

Die Einnahme von Psychopharmaka soll ja generell nicht so ratsam bei Tinnitus sein, aufgrund der möglicherweise ototoxischen Wirkung. Ich weigere mich zumindest, diese zu nehmen. Mir half mal ein pflanzliches Mittel gut, mitten in einer Panikattacke und auch zum Schlafen. Die innere nervöse Unruhe schaukelt die negativen Empfindungen und damit den Tinnitus noch auf.
Evtl. wäre ein pflanzliches Mittel ja auch für dich eine Option? Zumindest sind hier auch die Nebenwirkungen nicht so krass.

Grüße, Colorina

Leider geht es mir wieder gar nicht gut. Die letzten 3 Monate waren ein heftiges Auf und Ab, mal leiser, mal lauter, jetzt seit Tagen auf allerhöchster Stufe... ich kann echt nicht mehr, habe das Gefühl alles ausprobiert zu haben.

Ich habe bei den Psychopharmaka alle verweigert mit möglicher Nebenwirkung Tinnitus. Bekomme seit Februar Lyrica gegen die Ängste (150 mg/Tag), hilft meines Erachtens kaum, verursacht dafür Nebenwirkungen. Allerdings hab ich es einmal vergessen und prompt wurde der TT NOCH lauter. Keine Ahnung, ob Zufall oder nicht... Opipramol abgesetzt bis auf 25 mg abends. Ansonsten nach wie vor die eine Dominal 40 zum Schlafen. Angeblich alles nicht ototoxisch.

Habe vor 4 Wochen Noiser bekommen, scheint aber nicht zu helfen... manchmal denke ich sogar, es wird dann noch ärger. Es wurde zusätzlich zum Tinnitus nun auch eine Hyperakusis festgestellt. Mache eine Wiedereingliederung, auf der Arbeit bin ich halbwegs abgelenkt, daheim und am Wochenende kommen die großen Zusammenbrüche. Der TT heult und pfeift und heult und pfeift... jetzt ist auf dem "besseren" rechten Ohr auch noch eine Art Rauschen hinzugekommen. Es ist, als würde ich in einer Schreinerei stehen. Unerträglich.

Ich weiß nicht, ich kann einfach nicht mehr, der Terror geht jetzt in den 9. Monat... sad Es ist sukzessive immer lauter geworden, die leisen Phasen immer weniger, seit Tagen gar keine mehr... Suizidgedanken nehmen immer mehr Raum ein, absolute Hoffnungslosigkeit & Verzweiflung, auch in meiner Familie, keiner weiß mehr weiter. Weg oder fast weg sind die Geräusche nur noch an der Schwelle zum Einschlafen, also in absoluter Losgelöstheit. Sonst keine Chance mehr...

Das Leben macht so keinen Sinn mehr. Ich kann den Zustand nur noch als lebensunwert bezeichnen. Die Klinik hat mich entlassen mit der Begründung, es sei keine "weitere" Verbesserung zu erwarten...wenn`s denn überhaupt eine gegeben hätte... ich habe auch kaum noch Kraft, um weiterzukämpfen und noch irgendwas auszuprobieren. Irgendwie habe ich mich aufgegeben sad

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#35 19-05-2019 23:34:16

Harry
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Re: Kein Lebenswillen mehr

Hallo Katness
Ich habe einige Deiner Beiträge hier im Forum gelesen. Ich bin kein Arzt, kenne Dich nicht persönlich und will Dir auch nicht zu nahe treten aber ich habe das Gefühl, dass Du Dich selber zerstörst. Nur negative Gedanken. Solange sich das nicht ändert, wird sich Dein Zustand nie bessern. Und nur Du selbst hast das in der Hand. Ich weiss wovon ich rede. Ich kämpfe schon seit fast 20 Jahren gegen den Tinnitus. Mal mehr mal weniger erfolgreich. Habe so ziemlich alle Therapien und Medikamente durch. Nach Stressbedingten multiplen Hörstürzen habe ich eine Hochtonschwerhörigkeit beidseitig davongetragen. der Tinni hat danach erst richtig losgelegt und wegen der Schwerhörigkeit werde ich ihn bis an mein Lebensende nicht mehr los. Dazu kam dann irgendwann eine schwere Depression. Bin wochenlange nur im Bett gelegen, hab geheult und hatte Selbstmordgedanken. In diesem Zustand habe ich mich dann gefragt wie soll es weitergehen ? Es gab 2 Möglichkeiten. Entweder ich spring irgendwo vom Dach runter oder ich höre auf mich selbst zu bemitleiden, stehe auf und fange an zu kämpfen. Vor dieser Entscheidung stehst Du jetzt auch. Ich habe mich für das Zweite entschieden und ich hoffe sehr, Du tust es auch.

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#36 20-05-2019 09:41:26

Katniss
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Re: Kein Lebenswillen mehr

Das mit den negativen Gedanken stimmt natürlich. Nur sehe ich überhaupt keinen Ansatzpunkt für positive/zuversichtliche Gedanken mehr, weil halt alles nicht hilft. Ich war eben auch vor dem TT schon so zart besaitet, dass jede Aufregung Gift war und zB Migräne oder Panikattacken auslöste (Stichwort: Angststörung). Ich konnte überhaupt nur mit ausgedehnten Ruhepausen meinen Tagesablauf bewältigen. Der TT ist daher so ziemlich das Schlimmste, was mir passieren konnte - ich wäre ernsthaft lieber erblindet oder im Rollstuhl gelandet. Es ist pausenloser Terror, rund um die Uhr, es zerfetzt meine Psyche, und ich sehe einfach keinen Weg mehr, irgendwie damit klarzukommen... :-( Die Lautstärke links liegt zwischen 60 und 70 dB. Das ganze Kämpfen und Aushalten hat ja leider zu nichts geführt, und meine Kraft ist inzwischen aufgebraucht.

Zumal, wie auch deine Geschichte zeigt, ja anscheinend das Einzige, worauf man realistischerweise "hoffen" kann, ein Leben mit für immer TT ist... :-( Ich hatte keinen Hörsturz, aber trotzdem diesen mördermäßigen TT, der sich immer weiter verschlimmert (links, rechts ist vergleichsweise harmlos und bisher auch so geblieben). Es kann sich kein Arzt erklären, da sich das Audiogramm nicht verschlechtert hat. Die Hörgeräteakustikerin meinte, dass zumindest der tiefere, penetranteste Ton genau da liegt, wo im Audiogramm ein leichter Hörverlust zu sehen ist. Der Hörverlust (keine Schwerhörigkeit) ist vermutlich auf eine Virusinfektion zurückzuführen. Mehr weiß man nicht. Seit November hat sich das Audiogramm sogar leicht verbessert, aber der TT hat zugenommen.

Was genau hast du unternommen, um von diesen Gedanken wegzukommen? Wenn du schreibst, du bist mit dem Kampf gegen den TT mal mehr, mal weniger erfolgreich, heißt das dann, dass er auch mal besser wurde?

Ich kämpfe immer noch, wegen den Menschen, denen ich wichtig bin, aber ich fürchte, für mich wird es irgendwann Weg 1 werden...

Beitrag geändert von Katniss (20-05-2019 09:43:40)

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#37 20-05-2019 20:18:26

Tinniopi
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Re: Kein Lebenswillen mehr

Hallo Katniss das Wichtigste ist, dass die Hoffnung nicht aufgegeben wird. Mich traf der Tinnitus 1988 nach einem schweren Hörsturz. Das erste halbe Jahr war die Hölle. Allmählig und ganz schleichend wurde der Tinnitus leiser und je leiser er wurde, desto weniger Aufmerksamkeit bekam er von mir. Nach ungefährt 8 Jahren war er dann erst tage- und dann wochenweise nicht mehr warnehmbar. Viele hoffnungsvolle Grüße von Tinniopi

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#38 20-05-2019 20:38:53

Katniss
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Beiträge: 14

Re: Kein Lebenswillen mehr

Hallo Tinniopi, dann bin ich vielleicht ja noch nicht ganz verloren. Ich hatte bisher immer mal so Phasen von vielleicht 1 Woche, wo der TT leiser war, dann auch gut von mir ignoriert werden konnte und es ging mir besser. Leider ist er aber auch immer wieder laut geworden, so wie jetzt... und wenn die Laut-Phasen wochenlang anhalten, bin ich jedes Mal völlig niedergeschmettert und habe Angst, dass es so nun endgültig und durchgehend bleibt... Aber ich versuche, die Hoffnung nicht aufzugeben; dein Bericht hat mir wieder etwas Mut gemacht, dass es sich bessern kann, auch nach Jahren noch...

Habe oben von Mirtazapin gelesen. Mirtazapin habe ich im Verdacht meinen TT zumindest mit ausgelöst zu haben. Ein Telefonat mit dem Pharmaunternehmen ergab dann auch, dass dort mehrere Fälle mit TT gemeldet worden sind, obwohl es noch nicht in der Packungsbeilage steht. Bevor der TT losging, hatte ich die Dosis gesteigert. Und rückblickend muss ich sagen, ich habe es etwas über 1 Jahr eingenommen, und hatte schon kurz nach Beginn der Einnahme immer mal wieder leichten TT links, der aber a.) immer wieder schnell verschwand und den ich b.) gar nicht mit Mirtazapin in Verbindung gebracht habe. Also Vorsicht.

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#39 20-05-2019 22:23:15

Harry
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Beiträge: 17

Re: Kein Lebenswillen mehr

Ich hatte das Glück dass ich an einen guten Psychotherapeuten vermittelt wurde. Bei den bisherigen bei denen ich in Behandlung war habe ich mich nicht gut aufgehoben gefühlt. Nach 15 Min war die Sitzung fertig, man hat mir ein Rezept für Pillen und Beruhigungsmittel in die Hand gedrückt und das war es. Bei uns in der Firma gibt es eine Sozialberatung. An diese habe ich mich in meiner Verzweiflung gewandt. Die haben mich an einen Arzt vermittelt. Wie se sich dann herausstellte war der ziemlich bekannt. Hat mehrere Bücher über Körperverhaltenstherapie veröffentlicht und war 16 Jahre lag Chefarzt und Leiter einer psychosomatischen Klinik. und der hat es drauf gehabt. bei dem dauert die Sitzung eine Stunde. Der schaut einem wirklich in den Kopf hinein, zeigt was falsch läuft und hat mir Wege gezeigt wie man aus der Scheiße herauskommt, wenn man tief drinsteckt. Durch die Verhaltenstherapie und die Einnahme eines Antidepressivums bin ich soweit, dass mein Zustand stabil ist und ich ein "normales" Leben führen kann ohne Ängste und Panikattacken. Natürlich gibt es auch schlechte Tage, aber dann weiss ich wie ich damit umzugehen habe. Eines ist sicher, wir brauchen Hilfe von aussen aber wir müssen an die Genesung glauben, gesund werden wollen und die Geduld dazu aufbringen. Ich lese hier immer wieder, dass der Tinnitus bei den Betroffenen mal leiser oder lauter wird. Das ist völliger Blödsinn. Das Geräusch ändert seine Lautstärke nie. Nur wir empfinden es je nach körperlicher und psychischer Verfassung mal leiser mal lauter. Deshalb ist es so wichtig die Psyche unter Kontrolle zu haben, dann kann Dir der Tinni auch nichts anhaben. Der lebt von Deiner Aufmerksamkeit und diese musst Du ihm mit allen Mitteln entziehen, dann verliert er seine Macht über Dich. Aber das geht nicht von heute auf morgen. Du musst Geduld haben und darfst nicht aufgeben. Kämpfe dagegen an und irgendwann wirst Du dafür belohnt.

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