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Hallo,
ich habe seit letzten Dezember einen Tinniuts bekommen. Beide Ohren, Rauschen/Zischen und auf dem linken Ohr noch einen tonalen (500 Hz). Keinen Schwindel. Habe ich am Anfang diesen tonalen (der später dazukam) noch als größtes Problem wahrgenommen geht's mir mittlerweile umgekehrt: Der Pfeifton stört mich nicht mehr, da er meistens eh unter dem Rauschen verschwindet und eigentlich mit 15 dB nicht wirklich laut ist. Ich höre ihn also nur in absoluter Ruhe und er schränkt mich nicht ein.
Muss aber dazu sagen dass der Pfeifton zweitweise deutlich lauter war, das ging dann mit der Zeit zurück.
Das Rauschen/Zischen hingegen empfinde ich nach wie vor als die Hölle: Es wird lauter bei Stress, Anstrengung (körperlicher Art, also auch Sport) sowie Lärm. Letztlich vermeide ich mittlerweile vieles was mir vorher eigentlich nichts ausgemacht hat, längere Bahnfahrten bspw. Ich traue mich auch nicht mehr wirklich in ne laute Kneipe. Gut, war vorher auch nicht so der Kneipengänger, aber trotzdem.
Zwischenzeitlich hatte ich einmal ein Ereignis, was ich sehr merkwürdig fand, mir nichts gebracht hat aber damals auch Hoffnung gegeben hat: War Klettern, mit Höhenangst, und am Schluss war der Tinnitus, also auch das Rauschen, trotz lauter Halle, in absoluter Ruhe zu Hause, für ein paar Stunden verschwunden. Ich habe mir das damals mit Wirbelsäule etc. erklärt, mittlerweile glaube ich aber nach zig Sitzungen Physiotherapie und Osteopathie nicht mehr dran sondern schlicht und einfach dass mich diese Überwindung der Wand trotz wahnsinniger Höhenangst hinterher in eine Art Tiefenentspannung versetzt hat welche dazu geführt hat dass eben diese Überaktivität des Nervensystems und der Muskeln verschwunden ist.
Zu dem ganzen kommt Ohrendruck welcher auch ärztlich nicht erklärbar ist, also jedenfalls nicht gemessen werden kann und auch bei Stress, Lärm und vor allem Anspannung hochfährt. Es hat zeitweise gereicht eine E-Mail von meinem Chef zu lesen um den Druck zu bekommen.
Rein ärztlich von der Diagnose her: Kein Hörverlust (wobei ich mir da selber nicht so sicher bin, aber), CMD-Geschichte, zwei verschiedene Zahnschienen (von denen ich dann Kieferschmerzen und Kopfschmerzen bekommen habe), dazu Beckenschiefstand, Einlagen, etc. Haufenweise Baustellen ohne das geringste Ergebnis, nichtmal meine Hüftschmerzen sind dauerhaft besser, sind mal da, sind mal nicht da, völlig unabhängig von der körperlichen Belastung. Kann 20 km wandern ohne großartig Schmerzen zu haben aber im Büro beim Sitzen habe ich dann welche. Naja.
Zu meinem eigentlichen Problem hat sich aber meine Psyche entwickelt: Das Ganze macht mich so fertig dass ich zeitweise an nichts anderes mehr gedacht habe. Mittlerweile ist mir klar dass ich das mein Leben lang haben werde, keine schöne Aussicht. Bin auch beim Psychologen in Behandlung, aber sowas dauert halt auch und ob das meine Probleme löst ist auch fraglich. Es löst eher das Problem dass es bei mir überhaupt soweit gekommen ist, siehe später.
Diese ganzen Tipps die man so bekommt kann man eigentlich teilweise auch in die Tonne treten: Man soll sich ständig beschäftigen, was sich bei mir dann in einen Freizeitstress gewandelt hat. Und eine Entspannungsmethode lernen. Ich war dann bei der progressiven Muskelentspannung und hab mich dann noch viel elender gefühlt da ich im Liegen und mit diesen ganzen Entspannungsverfahren noch viel mehr Rauschen gehört habe (zumal Anspannen von irgendwelchen Muskelgruppe bei mir das Rauschen verstärkt), alle haben dann berichtet wie entspannt sie sich fühlen und mir ging's noch elender.
Was mir eher was bringt: In den Wald spazieren gehen, ein Buch lesen bei leiser Hintergrundmusik (aber nicht diese Pseudo-Entspannungsmusik sondern eher Softpop), am Computer was machen oder auch leichte Hausarbeit und natürlich Schwimmen, mein Lieblingssport.
Bei mir hat sich das aus einer Stresssituation entwickelt: Ein Jahr lang (von Mitte 2015 bis Mitte 2016 nen furchtbaren Chef den sie dann gefeuert haben), dann kam Ende 2016 die Ankündigung dass man wieder einen tollen neuen Entwicklungsleiter anstellt. Da gingen dann bei mir buchstäblich die Alarmglocken an. Er hat dann am Anfang tasächlich viel Druck gemacht um zu glänzen, irgendwann habe ich dann meine gesundheitliche Situation geschildert weil ich mir keinen Ausweg mehr musste um etwas Entlastung zu erreichen was irgendwie nur das Gegenteil bewirkt hat, haufenweise Gespräche, nach 14 Tagen Krankschreibung hat er mich dann tatsächlich in Ruhe gelassen und kam mir etwas entgegen, die Woche hatte ich wieder Gespräche wann ich denn endlich voll belastbar bin weil man im Team keine Ausnahmen machen kann. Dabei hab ich meine eigentliche Arbeit ja erledigt, ich wollte nur etwas mehr Ruhe und weniger Besprechungen, weniger Ärger einfach. Alles Arschlöcher, ich wünsche denen dass es ihnen mal so dreckig geht wir mir jetzt. Jedenfalls habe ich auch ein Problem für die Firma zu arbeiten die mir das Ganze eingebrockt hat, auch wenn ich natürlich selber schuld bin dass es soweit kam (durch meine Persönlichkeit und dadurch dass ich nicht früher die Reißleine gezogen habe).
Das Ergebnis: Ging es mir letzten Sonntag recht gut, meine Schlafsituation hat sich langsam normalisiert, war dann diese Woche wieder die Hölle. Insofern bin ich nun zur Überzeugung gekommen was mir mehrere Ärzte eigentlich schon geraten haben: Wenn ich psychisch wieder auf einen normalen Stresslevel kommen möchte muss ich hier irgendwie weg. Ich glaub zwar nicht dass damit mein Tinnitus verschwindet, aber ich glaube dass ich irgendwie wieder auf ein normales Stresslevel kommen werde auch wenn es ein langer Weg wird.
Das "wie" ist nur leider nicht so einfach: Jetzt einfach einen neuen Job als Softwareentwickler zu beginnen wäre Selbstmord, schließlich ist der Job woanders auch total stressig. In der momentanen psychischen (starke Stimmungsschwankungen, teilweise depressive Momente) und körperlichen Situation (dazu kommen eben noch Kopfschmerzen) schaffe ich das einfach nicht.
Ich bräuchte eine Zwischenzeit, eigentlich eine Reha. Ob das jetzt Tinnitus oder psychosomatisch ist oder was auch immer ist denke ich fast egal, das Problem ist halt wenn ich jetzt kündige dass ich kein ALG bekomme und dass ich nicht sofort in der Lage bin in meinem Beruf woanders zu arbeiten. Mit einem deutlich schlechter bezahlten Job mach ich mir alle Sozialleistungen kaputt, außerdem sind die meisten "Aushilfsjobs" eben auch stressig. Ich hoffe nur dass mir da nicht zuviel von dem Quatsch ist dass man den Tinnitus als Freund betrachten soll oder einen Namen geben muss. Schließlich sagt einem auch kein Mensch dass man Rückenschmerzen als Freund betrachtet oder Kopfschmerzen oder was auch immer. Auch wenn man mit dem Mist leben lernen muss bleibt es Mist.
Und davor wohl eine längere Krankschreibung um überhaupt den Reha-Antrag durchzubekommen.
Hat jemand eine Idee wie man am besten vorgeht? Das Problem mit Ärzten ist dass man gar keine Zeit hat sowas zu besprechen, schließlich bin ich nur Kassenpatient. Ich trau mich auch nicht wirklich nach Krankschreibung zu fragen, schaut so aus als wäre ich einfach faul und wollte nicht arbeiten. Dabei habe ich wirklich alles probiert um in dieser Firma mit der Situation klarzukommen, es geht einfach nicht.
Viele Grüße,
Bernhard
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Mir ist der Text jetzt zu lang, um alles zu lesen. Sehe nur, dass Du eine "Reha" willst.
Rehabilitationen werden von der Rentenversicherung getragen. Das machen die eher ungern.
Einfacher ist der Weg über einen Klinikaufenthalt (krank schreiben lassen, Einweisung in eine Fachklinik), das hat dann die Krankenkasse zu zahlen. Tinnitus ist nun aber kein offizieller Grund für eine psychosomatische Therapie in einer Klinik. Daher häufit der "Umweg" über andere Diagnosen (z.B. Depressionen). Ist jetzt nicht so "konstruiert", wie es sich anhört. Wird oft so gemacht.
Und Du bist nicht faul, sondern krank. Ärzte haben dafür verständnis.
"Einen Namen geben" brauchst Du da Deinem Tinnitus nicht. Soviel Ringelpietz mit Anfassen ist so eine stationäre Therapie dann doch nicht. Halt meist Einzel- und Gruppenpsychologische Sitzungen, Hörtraining (Aufmerksamkeitsumlenung), Sport, Bewegung, ggf. Versorung mit Hörgeräten ... sowas halt.
Beitrag geändert von Wolfgang135 (30-09-2017 23:11:24)
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Weisst Du noch, wie der Tinnitus anfing?
Gab es z.B. ein Lärmereignis, - oder so?
Ansonsten hat Wolgang135 einen sehr guten Beitrag geschrieben.
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Distortion schrieb:
Weisst Du noch, wie der Tinnitus anfing?
Gab es z.B. ein Lärmereignis, - oder so?
Ansonsten hat Wolgang135 einen sehr guten Beitrag geschrieben.
Hab ich geschrieben, neuer Chef.
Lärm definitiv nicht. Hatte eigentlich nie viel Lärm in meinem Leben.
Viele Grüße,
Bernhard83
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klaus 1956
Hallo Bernhard 83, bei mir wurde beim erstenmal die Reha abgelehnt, aber
wie sagte mein HNO - Ärztin, das ist bei der Rentenversicherung schon Standard.
War bei meinem Hausarzt, habe Widerspruch eingelegt, der schrieb dann ein
Sätze wie "beschissen" es mir wirklich geht, dann war ich nochmals auf der
"Rentenversicherung" und die Dame war ganz freundlich zu mir und gab mir,
"Gute Hoffnung", das die Reha beim zweitenmal klappen dürfte.
Dass war Ende Aug. jetzt knapp 4 Wochen später bekam ich die Zusage, dass
meine Reha genehmigt wurde.
Man kann nur hoffen, dass der Tinnitus endlich mal eine anerkannte Krankheit
wird.
Liebe Grüsse von Klaus 1956
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Man kann nur hoffen, dass der Tinnitus endlich mal eine anerkannte Krankheit
wird.
fühl mich mit tt auch von den meisten mißverstanden. ernst
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