#1 30-09-2016 22:42:25

nice2know
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Hörsturz/Tinnitus - jemals wieder ohen Ohrstöpsel weggehen?

Hallo zusammen,

ich habe mehrere Fragen, die stehen ganz unten. Ich habe selbst schon sehr viel recherchiert, aber wenige ausführliche Antworten gefunden. Beispiel nach Hörschaden soll man sich Ruhe gönnen. Ruhe ist für mich ein sehr dehnbarer Begriff.

Ich möchte erstmal kurz meinen Krankheitsverlauf schildern. Ich bin nun 28 Jahre alt und hatte denke ich schon immer leicht sensiblere/empfindlichere Ohren als meine Freunde und Bekannte oder generell andere Menschen. Nichts desto trotz habe ich mich ganz normal lauten Umgebungen ausgesetzt. Ich hörte Musik über MP3 Player, ging abends weg und war auch ab und zu auf Live-Musik Veranstaltungen wo es sehr laut war.
Alles ging sehr gut und ich hatte nie wirklich Probleme mit den Ohren.
Dieses Jahr (2016) war ich dann auf einem Hip Hop Tanzevent, welches den ganzen Tag ging und ich über sehr viele Stunden sehr starker Beschallung ausgesetzt war. Ich schätze es waren ca. 10 Stunden bei einer  Zahl die konstant zwischen 90 – 110 Dezibel lag. Je nachdem wie viel geklatscht, geschrien wurde und ob gerade ein Song lief. Ich hatte mir ein paar Monate vorher ein Lärm-App auf mein Smartphone geladen und konnte es daher sehr gut messen. Ich ging an dem Tag öfters raus als andere um meinen Ohren Pausen zu gönnen und auf der Busfahrt nach Hause hörte ich nicht wie manche andere noch zusätzlich Musik mit dem MP3 Player (auch auf der Hinfahrt nicht). Ich setzte mich also etwas weniger Lärm aus als viele andere, die aber keine Probleme bekamen. Ich weiß nicht ob es relevant ist, aber an dem Tag regnete es morgens sehr stark und ich hatte, über viele Stunden nasse Füße. (vielleicht hat es mein Immunsystem zusätzlich geschwächt)

Am nächsten Tag fingen meine Ohren an weh zu tun. Ich ging dann aber noch regelmäßig Hip Hop tanzen wo, wenn die Musik alle paar Minuten aufgedreht ist auch gut über 100 Dezibel laut sein kann. Ich unterschätzte den Ohrenschmerz vollkommen. Ich war enorm empfindlich selbst auf der Arbeit wo, ich ein Radio ausmachte weil es mir zu viel war. Am Abend gönnte ich meinen Ohren vollkommene Ruhe. Am vierten Tag nach dem Event ging ich aber wieder zum Hip Hop tanzen und war vielleicht auch recht nahe an den Boxen. Jedenfalls wurde es danach noch etwas schlimmer.

Die Woche darauf versuchte ich einen HNO Arzt zu finden, der kurzfristig Zeit hat. Ich war dann 11 Tage nach dem Event beim HNO Arzt. Ich erläuterte ihm alles. Er untersuchte mich und sagte, ich bin kerngesund. Wir machten vorsichtshalber aber einen Hörtest. Rechts hörte ich perfekt. Aber links gab es Ausschwankungen. Ich musste bei dem Hörtest ungefähr 10 unterschiedliche Töne erkennen. Es sind schrille oder dumpfe Pipsen abwechselnd. Auf links hörte ich soweit auch gut, allerdings bei ein, zwei, drei Tönen dauerte es ein paar Sekunden bis ich ihn hörte. Einen Ton hörte ich irgendwie erst nach 8 Sekunden. Auf rechts hörte ich die Töne zwischen sofort und 3 Sekunden. Ich hörte eben auf einer Frequenz erst ab rund 40 Dezibel und auf ein, zwei weiteren erst ab so 5-10 Dezibel.
Er verschrieb mir Medikamente: Prednisolon (Cortisol) 20mg  - 10 Tabletten; Trental 400 mg – 20 Tabletten. Er sagte mir auch, dass eine Sauerstoff-Infusionstherapie noch wirksamer sei.  Diese Therapie startete ich auch ein paar Tage später, da ich das Gefühl hatte, es wird nicht wirklich besser.

Ich hatte 10 Sitzungen und es besserte sich etwas. Aber im linken Ohr blieb die eine Frequenz deutlich verschlechtert. Ich nahm dann noch zwei Wochen danach Trental.

Dann machte ich wieder einen Hörtest (43 Tage nach dem Event). Zwischendurch hatte ich vier Flüge und der Druck machte mir auch Probleme. In den nächsten Wochen war ich immer wieder, aber nur sehr kurz, wo es Lautstärken von etwa 100 Dezibel gab. Aber ich ging eben dann auch früher aus einer Bar etc. Nur beim Hip Hop Tanzen war ich etwa zweimal wöchentlich kurz solchen Lautstärken (ca. 100 Dezibel aber immer nur für wenige Sekunden mit Unterbrechungen) ausgesetzt. Ich schonte mich sehr. Ich hatte aber fast konstant ein Druck im Ohr und sehr schnell Schmerzen auch bei niedrigen Lautstärken. An einem Tag nach dem Hip Hop Tanzen war mir beispielsweise der Berufsverkehr schon so laut, dass es mich wirklich stresste. Ich kaufte mir dann Ohrstöpsel und tanzte damit.

Ich ging dann dummerweise auf einen Geburtstag Mitte September, also rund 3 Monate nach dem Event. Dort war ich für etwa 3 Stunden wieder sehr starken Lautstärken ausgesetzt (wie in der Disko). Also nichts was einem normalen Menschen Probleme macht. Hatte ich vorher ja jahrelang gemacht. Ich trank auch ein bisschen Alkohol. Aber ich ging nach wenigen Stunden, da meine Ohren immer mehr schmerzten. Ich hatte dann für mehrere Tage Ohrenschmerzen. Am Wochenende darauf ging ich zum Salsa Tanzen und dort war die Musik alles andere als Laut. Aber sie fingen wieder an zu schmerzen. Und ich bekam ein paar Stunden danach ein Rauschen in beiden Ohren und ein Pfeifen im linken Ohr. Am nächsten Morgen war es wieder da. Ich ging direkt zum Arzt aber der Hörtest ergab, dass es fast im Normalbereich war, außer eben der dauerhafte Schaden. Er verschrieb mir nichts.

Die Tage darauf wurde es aber schlechter. Und jetzt habe ich den Tinnitus seit 5 Tagen und seit zwei Tagen habe ich das Gefühl, dass ich immer mehr Gleichgewichtsprobleme bekomme, ohne aber, dass sie mich beeinträchtig haben.

Nun kommen meine Fragen:

•    Wie viel Ruhe sollte ich meinen Ohren gönnen?
•    Werde ich dauerhaft empfindlicher auf Lautstärken sein? (oder über mehrere Monate/Jahre)
•    Ab wann ist Lautstärke wirklich schädlich? (auf Wikipedia steht ab 70 Dezibel kann ein Tinnitus ausgelöst werden. Ein normaler Straßenverkehr kann gut auf 90 Dezibel kommen.
•    Ich habe teilweise Zuckungen in beiden Ohren, links mehr. Was ist das?
•    Kann ich jemals wieder ohne Gehörschutz in die Disko? (Stand jetzt bekomme ich schon nach wenigen Minuten Ohrenschmerzen – deswegen meide ich Lärm)
•    Wie wahrscheinlich ist das der Tinnitus wieder weggeht?
•    War die Infusionstherapie damals zu spät (11 Tage nach dem Event)?
•    Sollte ich jetzt nochmal eine Infusionstherapie (5 Tage danach) machen oder ist es zu spät/nicht nötig/nicht wirksam? (Tinnitus ist da, leichte Kopfschmerzen, etwas Gleichgewichtsproblem?


Vielen Dank fürs Lesen und noch größeren Dank für Antworten.

Beste Grüße
nice2know

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#2 01-10-2016 11:28:23

nibold
Mitglied
Registriert: 26-12-2013
Beiträge: 173

Re: Hörsturz/Tinnitus - jemals wieder ohen Ohrstöpsel weggehen?

Wie viel Ruhe sollte ich meinen Ohren gönnen?

Keine vollständige Ruhe, aber bei weitem nicht diese von Dir beschriebenen Geräuscheskapaden. Du hast Deinen Ohren eine ganze Menge zugemutet, zu viel. Das häufige Argument „Andere machen es doch auch, warum ich nicht“ ist angesichts der interindividuellen Unterschiede nicht stichhaltig, wenn nicht gar dumm, zudem könnte eventuell noch ein vulnerables Innenohr gegeben sein.

Mich verwundert die verhältnismäßig geringe Anzahl von Hörgeschädigten – so um die 20 %  (Untersuchungen um 2000 herum) -  angesichts des wahnsinnigen Pegels im Smartphone, Auto, Kneipe oder auch auf Konzerten immer wieder. Da müssen Sponsoren von HNO´s und Pharmaindustrie ihre Hände mit im Spiel haben.

Werde ich dauerhaft empfindlicher auf Lautstärken sein? (oder über mehrere Monate/Jahre)
Kann schon Monate dauern.

Ab wann ist Lautstärke wirklich schädlich? (auf Wikipedia steht ab 70 Dezibel kann ein Tinnitus ausgelöst werden. Ein normaler Straßenverkehr kann gut auf 90 Dezibel kommen.
Nicht nur eine Frage des Pegels, sondern auch der Einwirkungsdauer und -art.

Bei genügend langsamen Ereignissen >100 ms und Pegeln über 70 dB schützt uns in Grenzen unterhalb von 2000 Hz  unser eingebaute Gehörschutz, der Stapediusreflex, durch den gewissermaßen die Ohrstöpsel zum Schutz des Innenohrs reinfahren.
Sind die impulsartigen Ereignisse schneller, etwa durch einen durch einen Gewehrschutz ausgelösten Knall (Druckmaximum wird in ca. 2 ms [*] erreicht), kann dieser begrenzte Schutzmechanismus nicht greifen und die Schallenergie kommt ungedämpft an das Innenohr, wo die inneren Haarzellen zerstört werden können. Dies wiederum ist dann der Auslöser für den Tinnitus.
Bei dieser Belastungsart, die immer mit einer gewissen Betäubung einhergeht, ist die Wahrscheinlichkeit für einen bleibenden Gehörschaden recht hoch.

Ansonsten gilt generell: je höher der Lärmpegel, desto geringer darf die Einwirkungszeit sein, sowohl auf die Tagesdosis als auch auf die wöchentliche Dosis bezogen. Behördlich etwa bei 85 dB eine Einwirkungszeit von 8 Stunden, diese Zeit halbiert sich für jede weiteren 3 dB, etwa auf  ca. 30 Sekunden bei 115 dB. Und die werden bei einem Event in der Nähe der Lautsprecher doch wahrscheinlich erreicht!(?)

Die von Dir erwähnten 70 dB sind meiner Meinung nach von den Amerikaner kreiert worden.

[*] alle Werte aus dem Gedächtnis

Ich habe teilweise Zuckungen in beiden Ohren, links mehr. Was ist das?
Keine Ahnung

Kann ich jemals wieder ohne Gehörschutz in die Disko? (Stand jetzt bekomme ich schon nach wenigen Minuten Ohrenschmerzen – deswegen meide ich Lärm)
Bei Deiner Vorgeschichte generell nur mit Hörschutz, aber die sind auch nur bis zu einem gewissen Level wirksam.

Wie wahrscheinlich ist das der Tinnitus wieder weggeht?
Die Selbstheilungsquote ist in der Anfangszeit hoch.

War die Infusionstherapie damals zu spät (11 Tage nach dem Event)?
Nein, diese „Therapie“ hat ehe keinen nachgewiesenen Sinn.

Sollte ich jetzt nochmal eine Infusionstherapie (5 Tage danach) machen oder ist es zu spät/nicht nötig/nicht wirksam? (Tinnitus ist da, leichte Kopfschmerzen, etwas Gleichgewichtsproblem?
Erübrigt sich.

Beitrag geändert von nibold (01-10-2016 11:32:00)

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#3 02-10-2016 11:27:36

Thomas
Administrator
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Beiträge: 1645
Web-Seite

Re: Hörsturz/Tinnitus - jemals wieder ohen Ohrstöpsel weggehen?

Hallo nice2know,

Willkommen im Forum.

Die Entscheidung liegt ganz bei jedem einzelnen: wenn Du es vorziehst für ein paar Jahre mehr Spaß auf lauten Events zu haben auf Kosten irreparabler Schäden Deines Gehörs für den Rest Deines Lebens, dann brauchst Du natürlich nichts für den Schutz Deines Gehörs zu unternehmen. Du solltest Dir darüber im Klaren sein, dass bei Schmerzen oder sonstigen Reaktionen Deiner Ohren, der Körper Dir etwas sagen will, und das heißt nicht 'gib mir noch mehr Lärm'. Also wenn Du Deinem Körper einen Gefallen tun willst, solltest Du die entsprechende Maßnahmen ergreifen, sei es Ohrenstöpsel benutzen oder falls notwendig solche Events ganz vermeiden. Du musst hier schon bewußt Prioritäten setzen, entweder Dein Vergnügen oder Deine Gesundheit.

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#4 02-10-2016 14:22:48

nice2know
Mitglied
Registriert: 30-09-2016
Beiträge: 2

Re: Hörsturz/Tinnitus - jemals wieder ohen Ohrstöpsel weggehen?

Hallo Thomas, hallo nibold,

vielen Dank für eure Nachrichten.

Eventuell hat mein Text für Missverständnisse gesorgt.

Ich war seit dem Vorfall nicht mehr auf Events wo es laut war. Beziehungsweise es waren in drei Monaten zwei bis dreimal kurz und ich bin oft raus gegangen und auch früh wieder heim. 

Ich bin lediglich zum Tanzunterricht gegangen, wo leider die Musik sehr laut aufgedreht wird. Ich war weder in der Disko, nach auf Konzerten, noch sonst irgendwo. Ich habe mich weitestgehend geschohnt.

Ich merkte, dass es im Hip Hop Tanzunterricht sehr laut ist und ich danach Ohrenschmerzen bekomme. Deswegen habe ich mir Ohrstöpsel besorgt.

Nach drei Monaten war ich auf einem Geburtstag weil ich dachte, das kann ich mir sicherlich zumuten. Ich war ja mein Leben zuvor immer wieder weg gewesen und hatte noch nie ein Ohrenpfeifen oder dergleichen gehabt.


Mit deiner Antwort Thomas hast Du mir leider nichts Neues sagen können. Ich war mir schon vor dem Hörsturz bewusst, dass Lautstärke ein Risiko birgt.
Ich weiß auch, dass Zucker dick macht und esse ab und zu trotzdem Schokolade.
Ich rauche nicht, trinke wenig bis keinen Alkohol, ernähre mich gesund und betreibe Sport.

Ich wollte mit meinem Text nicht sagen, dass ich ein wilder Partygänger bin und unbedingt wieder um die Häuser ziehen möchte. Das ist mir eigentlich recht egal.

Gerne möchte ich aber wieder zum Salsa und Hip Hip Tanzunterricht gehen. Leider ist die Musik dort auch mal bei ca. 100 Dezibel und somit schon sehr laut. Es ist aber immer nur für ein paar Minuten. Dann erklärt der Lehrer eben wieder neue Tanzschritte. Vor dem Hörsturz hat das nicht im geringsten Probleme bereitet und für alle anderen die dort sind natürlich auch nicht, da es im Vergleich zu Disko und Konzerten leise ist.

Kannst du mir sagen ob ich mich solchen Lautstärken nach einer Pause wieder aussetzen kann?

Ich habe mir verschiedene Ohrstöpsel gekauft und habe mir auch welche individuell anfertigen lassen für rund 180 Euro mit 20 Dezibel Reduktion.

Ist es zumindest mit solchen Ohrstöpseln bedenkenlos?
Wie lange sollte man nach einem Tinnitus warten bis man sich wieder größeren Lautstärken aussetzt? Da meine ich auch nur mal Autofahrten von 5 Stunden und kein Konzertbesuch.

Beste Grüße
nice2know

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#5 08-10-2016 09:21:27

MartyMcFly
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Ort: Graz (Österreich)
Registriert: 19-07-2016
Beiträge: 18

Re: Hörsturz/Tinnitus - jemals wieder ohen Ohrstöpsel weggehen?

Hi nice2know!

Ich befürchte so pauschal kann man das nicht sagen. Dem einen tut es gut, dem anderen nicht. Ich denke du solltest es einfach ausprobieren. Ich weiß nicht wie lange deinen Tanzstunden dauern, aber sonst am Anfang einfach nur mal eine halbe Stunde (natürlich nur mit Ohrstöpsel) machen und dann schauen ob der T schlimmer wird. Du kannst das ja dann steigern. Das Problem ist sicher, je mehr man auf den T achtest desto lauter kommt er einem vor.
Wichtig ist aber einfach, dass man sich nicht vollkommen zurück zieht und vor Angst dass er lauter wird, nichts mehr macht. Die Belastung spielt sich eben hauptsächlich im Kopf ab.
Ich habe an meinem Schlüsselbund immer die "Earpeace" Ohrenstöpsel mit dabei. Wenn es mir wo zu laut vorkommt oder unangenehm wird, dann geb ich die rein und die Dinger sieht man so gut wie gar nicht. Konzerte und laute Discos usw. meide ich allerdings vollkommen. Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass mir das trotz Ohrstöpsel nicht gut tut. Aber habe auch schon sehr viele Berichte von anderen gelesen, die damit überhaupt kein Problem haben. Wie gesagt, sowas muss man einfach ausprobieren.

Ich wünsch dir jedenfalls alles Gute!
MartyMcFly


"Your mind is your prison when you focus on your fear"

<Tinnitus seit ca. 20 Jahre>

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